Winnetou ist rassistisch

25.08.2022

Winnetou war eines meiner grossen Vorbilder meiner Kindheit. Wir haben nicht nur zur Fasnacht Indianer und Cowboy gespielt. Karl May Bücher haben wir verschlungen, wir haben dank Karl May erstens Taschengeld gespart, damit Bücher gekauft und haben gelesen. Das Problem unserer Eltern war damals, dass wir abends die Lichter löschten und nicht noch lange wach blieben und lasen. Ich habe heute noch eine Unzahl an Ueberreuter Taschenbücher im Schrank. Was mir noch mehr als Winnetou gefallen hat waren die Abenteuer von Kara Ben Nemsi. Mit seinem Diener und Führer Hadschi Halef Omar hat er mir meine kleine Welt in einem Vorort von Luzern geöffnet. Ich reiste mit ihm durchs wilde Kurdistan, durch die Wüste, in den Sudan und nach Mekka. Viele der damals erlebten Landschaften und Städte durfte ich später persönlich erleben. Karl May machte mich zum Reisenden!

In meiner Jugend lebten wir nicht nur die Geschichten Karl Mays, wir spielten Schwarzen Peter, assen Mohrenköpfe, schickten die kleine Kaffeebohne nach Amerika, hatten Nasen wie Bananen, beim Empfang im Spital war ein Negerlein, eine Spardose, die Geld für die Kinder in Afrika sammelte und dankend für jede erhaltene Münze nickte. Im Fernsehen verfolgten wir die Geschichten von Mikesch, dem gestiefelten Kater, wollten sein wie Pippi Langstrumpf und Michel aus Lönneberga. Der Freund von Jim Knopf, Lukas der Lokomotivführer war schwarz und beim Familienjass war der König über der Dame und der Trumpfbauer die stärkste Karte. Wir spielten auf der Strasse, den Vorplätzen, Fussball auf der Wieso, Hockey im Winter.
Gummitwist und Himmel und Hölle mit den Mädchen. Rollschuhe wurden an die Schuhe geschnallt.
Zum Abendessen gab es Senne, Wienerli oder Hackdätschli zo Buurebrot ond Weggli. Zum trinken Wasser, denn Coca Cola (Negerschweiss) war noch zu modern.

In der Pubertät und als Jugendlicher liessen wir uns die Haare wachsen wie unsere Pop Idole. Wir hörten Manu di Bango, Bob Marley, Patty Smith, indische Musik, aber auch Kiosk von Polo Hofer und keiner fragte sich nach der Ideologie des Sängers, seiner Hautfarbe, seiner sexuellen Vorlieben. Die Musik war uns wichtig, die Worte, die Mitteilungen der Songs. Wir kleideten uns mit afghanischen Klamotten, rauchten Hasch aus Marokko. Tranken Bier der heimischen Brauerei zu Pizza und Pasta. Wir waren gegen Atomkraftwerke, hörten Musik aus potenten Stereoanlagen. Reisten mit der Ente durch die Schweiz und halb Frankreich bis runter nach Spanien. Bereisten Jugoslawien bis zur albanischen Grenze. Wir genossen das Leben ohne zu denken ob es falsch oder richtig ist, ob ich Kleider aus Asien trage, Tasche aus Nordafrika und Schuhe aus Amerika. Die Welt war riesig, die Türen standen offen, wir liebten und verliebten uns in alle Kulturen und Lebensstile.