Tere

13.08.2024

Nach 38 Jahren denke ich an eine Person, die in den ersten Monaten in Spanien eine wichtige Rolle für mich gespielt hat. Wir haben uns vermutlich in einer der Kneipen kennengelernt. Wir trafen uns erst im Planta Baja oder Skyline, später dann im Jackie'O. Irgendwann landeten wir dann vollgeladen in den frühen Morgenstunden bei ihr in der Studentenbude.

Damals war es wichtig, als Studentin von ausserhalb zu kommen, je weiter weg, desto besser, mit eigenem Zimmer in einer Wohngemeinschaft. Sie lebte damals an der Peripherie von Granada und teilte sich die Wohnung mit zwei Kolleginnen. Im Sommer 1986 habe ich dann für die drei Monate die Wohnung übernommen. Für mich war das eine günstige Gelegenheit, für die Mädchen war es praktisch, weil sie ihre persönlichen Sachen in Granada lassen konnten und im September mussten sie sich nicht stressen, eine neue Bleibe zu finden. Für den Vermieter war das auch eine gute Sache, weil er im Sommer Mieteinnahmen hatte. Und ich hatte für wenig Geld ein Dach über dem Kopf und konnte mich tagsüber mit meinen Büchern beschäftigen und nachts mit meinem Hund Bolero durch die etwas kühleren Strassen der Stadt streifen.

Als ich vor ein paar Monaten vor dem Schlafengehen noch einmal in Erinnerungen an meine ersten Jahre in Granada schwelgte, kam natürlich auch There darin vor. Mir ist vor allem ihr Gesicht mit Brille in Erinnerung geblieben, als sie studierte. Ausserdem weiss ich noch, dass sie aus La Linea de la Conception stammt, gerne Bier trank, weil es am billigsten war, und dass es am Ende des Monats immer "Papa a la pobre" gab, die Studentenmahlzeit für wenig Geld.

Ich erinnere mich, dass sie meine erste Spanischlehrerin war, dass ich immer "la coche" statt "el coche" sagte, dass wir mit Bolero viel im noch brachen Umfeld des Wohnblocks spazieren gingen und natürlich erinnere ich mich an die Wochen im Sommer in La Linea. Ich wohnte in einer Pension, Bolero bei There zu Hause, bis ihr Vater meinte, es sei nun genug Hund. Dabei ging es ihm wohl eher darum, dass es nun genug sei, dass sich ein Ausländer mit seiner Tochter traf. Bolero durfte die kommenden Tage bei mir in der Pension wohnen. Er war ein angenehmer Kerl, ein ruhiger Hund.
Ich erinnere mich auch an unseren gemeinsamen Ausflug ins Hinterland. In Andalusien gibt es im Sommer durchaus Flüsse mit Wasser. Zwischen den Felsen staute sich das Wasser, wo wir uns alle abkühlen konnten.

Die Trennung erfolgte, nachdem ich die Mutter von Helena und Martin kennengelernt hatte. Mein damaliger Freund Thomas konnte nie verstehen, wieso ich There verlassen habe. Auch ich kann es heute nicht mehr sagen. Aber ich glaube, dass Silvia mir als Ausländer, der in Spanien bleiben wollte, damals eine bessere Zukunftsperspektive bieten konnte.

Vor ein paar Tagen war ich in Almería spazieren und als ich geradeaus schaute, kam mir ein junges Mädchen entgegen, das meiner Erinnerung nach genau so aussah wie meine There. Ich war so überrascht, dass ich erst mal nichts tun konnte. Stunden später kam mir dann der Gedanke, dass ich die junge Frau nach ihrer Grossmutter hätte fragen sollen. Seitdem ich sie getroffen habe, denke ich oft und gerne an There. Was wäre aus mir geworden, wenn ich damals bei ihr geblieben wäre?