Syrien
Was sich in den letzten Wochen und Monaten im Nahen Osten abgespielt hat, kann sich wohl nur jemand genau vorstellen, der vor Ort ist. Meine Kollegen in den geheizten Büros ihrer Verlagsgebäude sind wohl die letzten, die wissen, was hier genau passiert. Die Berichte werden so gefälscht wie es von oben gewünscht wird und vergangene Realitäten werden vergessen.
Die Regierung von Assad wird nun gerne mit den Nazis verglichen, der einzige Unterschied, so war in einer renommierten Tageszeitung zu lesen, sei, dass man Computer benutzte. Dass aber auf der anderen Seite eine alte Nazi-Angst vorherrscht, zu wenig Land und damit Nahrung für die Bevölkerung zu haben und deshalb neues Land gewinnen zu müssen, wird verschwiegen oder nicht gesehen.
Ich bin kein Fachmann für Politik, dazu fehlt mir sicher das spezifische Wissen, aber ich kann noch logisch denken und spüre, dass hier etwas nicht stimmt. Meine erste Reaktion war, dass es nicht sein kann, dass plötzlich und in kürzester Zeit die ehemaligen Feinde des Westens und der USA ohne jeden Widerstand in Syrien einmarschieren und Assad aus dem Land jagen. Auf der anderen Seite verhalten sich Russland und der Iran ruhig. Sie wissen, dass sie ihre einzige Militärbasis am Mittelmeer verlieren.
Nehmen wir an, dass dies eine rein syrische Angelegenheit ist. Warum zerstört Israel dann kurz nach der Eroberung von Damaskus das gesamte syrische Militärsystem wie Flughäfen, Seehäfen, Lager, Land-, Luft- und Seestreitkräfte? Das kann nur einen Grund haben. Sie misstrauen ihren temporären Freunden, die Assad aus dem Land gejagt haben. Das Misstrauen gegenüber den temporären Helfern wird negativ bewertet, Vorsichtsmassnahmen werden getroffen, um Schaden durch sie auszuschliessen. Um ein paar Quadratkilometer Land zu erobern, wird jede Scham ausgenutzt, und der Rest der Welt vergisst dabei Palästina.
Auf
der anderen Seite träumt Erdogan weiter von einer Erneuerung des
Osmanischen Reiches. Die damalige Kornkammer wurde zwar schon vor
Jahren durch die Ölförderung zerstört, aber wen interessiert das.
Öl zu fördern ist einfacher als Kornfelder zu bestellen und der
Ertrag ist auch viel höher. Damit widerspreche ich meiner vorherigen
Aussage, dass Israel Land für seine ständig wachsende Bevölkerung
braucht und diese mit weiterem Ackerland auch ernähren muss. Oder
vielleicht sind die Ziele der syrischen Nachbarn nicht die gleichen
und nur das Ziel der Eroberung und der Aufteilung der Beute hat sie
für ein paar Stunden vereint. Aber zuerst müssen Dritte die
Drecksarbeit machen und die Türkei und Israel werden die Guten sein,
die zu Hilfe kommen und das zerstörte Land unter sich aufteilen.
Interne Streitigkeiten zu säen ist nichts Neues in der Geschichte.
Letztlich geht es auch hier nur um Bodenschätze. Die grössten Ölvorkommen der Welt liegen unter anderem auch im Iran, der sich gerne im Nahen Osten einmischt. Schaut man sich die Tabelle der Ressourcen reichsten Erdölländer der Welt an, so findet man die gleichen, die innenpolitische Probleme haben, in denen Krieg herrscht, innerwirtschaftliche Probleme an der Tagesordnung sind oder die einfach überall ihre Nase reinstecken. Hier nur einige aus der 20er Hitparade: USA, Venezuela, Russland, China, Kasachstan, Iran, Irak, Nigeria, Angola und Libyen.
Die Probleme in einigen der genannten Länder sind längst vergessen und viele wissen nicht einmal mehr, wo diese Länder überhaupt liegen. Wir werden durch die einseitige Information der Presse stark beeinflusst und bekommen nur das serviert, was gerade wichtig ist. Es wird so berichtet, dass wir uns ein Bild von der Lage machen, ohne zu wissen, was wahr und was falsch ist, und uns gleichzeitig ein neues Feindbild geschaffen wird.
Niemand kennt die Geschichte Syriens, niemand kennt die Geschichte der Familie Assad, niemand kennt das Leben in Damaskus und letztlich interessiert es auch niemanden. Jeder hat zu Hause und bei der Arbeit genug eigene Probleme.
Frohe Adventszeit, Zeit der Besinnung!