Sommerloch
Als
Sommerloch bezeichnete man früher die nachrichtenarme Zeit für die
Tagespresse und die Nachrichtenagenturen. Die Regierungen waren
während dieser Zeit in den Ferien, die Sport-Ligen sind auch im
Urlaub, kulturelle Ereignisse gab es nur wenige und so waren die
Herausgeber froh, wenn irgendwo irgendwas geschah, um die Seiten der
Zeitungen zu füllen.
Heute
und dank den von überall und jedermann geposteten vermeidbaren
Aktualitäten in den Sozialkanälen sollte eigentlich keine Flaute
herrschen und mit dem Barbie Girl ist eine eintönige musikalische
Übersättigung zu hören. Ich rege mich schon auf, wenn ich nur die
Anfangstöne des Songs höre. Dies zeigt aber gleichzeitig, was für
ein Ohrwurm da entstanden ist, dass ich als Gegner sogar nach zwei
Takten den Song erkenne.
Die
Mutter eines siebenjährigen Mädchens hat da andere Sorgen. Da die
Tochter beim Kartenspiel fragte, wieso die Dame weniger wert sei als
der König und wieso es keine Königin gibt, veranlasste die Mutter,
das Kartenspiel umzugestalten und gleichzeitig gendergerecht zu
zeichnen.
Wäre es da nicht einfacher gewesen, dem Mädchen
(sächlich) den Schweizer Wert des Kartenspiel Jassen zu
erklären?
Das Jasse haben die Schweizer nicht erfunden. Aber es ist so etwas wie ein Nationalsport. Das Spiel kommt gegen Ende des 18. Jahrhunderts von Schweizer Söldner aus Holland zu uns in die Eidgenossenschaft. Das Standardbild der Karten wurde über die Jahrhunderte nicht geändert und so soll es auch bleiben.
Vielleicht etwas mehr Kultur und Geschichte in der Schule und im Alltag und weniger TikTok.
Früher, als es noch keine Handy gab, war bei einem Anruf die erste Frage nicht wie heute, wo bist du?, sondern wie ist bei Euch das Wetter. Ich habe nie verstanden, was die Frage soll, wie ich auch nicht verstanden habe, wieso in der Tagesschau bei Beginn zuerst vom Wetter gesprochen wird, während der Sendung Nachrichten aufgrund des Wetters folgen und danach noch einige lange Minuten ausführlich über das Wetter von heute, morgen und der kommenden Woche gesprochen wird. Vielleicht macht dies einen Sinn, wenn ich kommendes Wochenende eine Aktivität im Freien plane, aber ob ich morgen mit dem Schirm oder in kurzer Hose zur Arbeit gehe, sehe ich ja, wenn ich aufstehe.
In der Schweiz wurde das Wetter in den vergangenen Wochen sogar politisiert. Die Wettervorhersage des Schweizer Fernsehens hätte Höchstwerte ausländischer Städte nach oben geschraubt. Auch auf den entsprechenden Apps auf dem Handy wird tüchtig gelogen und betrogen. Angefangen mit den Farben. Über 25° wird bereits in roter Farbe hervorgehoben, wobei die eigentlichen Zahlen immer kleiner geschrieben werden. Wer kann ja schon noch Zahlen lesen. Der Impakt mit den verschiedenen Farben genügt. Rot, feuerrot das will doch was heissen.
So berichten die spanischen Fernsehsender 25 Stunden am Tag über die Hitzewelle, die da kommt. 42° im Landesinnern ist für August eine Katastrophe. Da muss die Bevölkerung gewarnt werden. Viel Flüssigkeit zu sich nehmen, keinen Marathon laufen während der Mittagszeit in den Hauptstädten Andalusiens, UV-Creme Sonderschutz, usw., usw.
Ich erinnere mich an meinen ersten Sommer in Granada im Jahre 1984, also knapp vor vierzig Jahren. Ich hatte über den Sommer eine preiswerte Studentenwohnung am Stadtrand gemietet. Der Mietblock hatte rund 50 Wohnungen und ich war fast der einzige Bewohner, dazu mit einem Bobtail Bolero, der nicht nur im Wohnblock, sondern im ganzen Viertel ausharrte. Und es war heiss! Nachmittags lag mein Hund auf dem kühlen Boden im Badezimmer und ich in der mit Wasser gefüllten Badewanne. Gegen 9 Uhr abends haben wir uns raus getraut, sind wie Diebe ums Haus geschlichen und in den nächsten Supermarkt gerannt. Getränke, Wasser, Obst, Brot und sonst was noch fehlt gekauft und wieder zurück in die "kühle" Wohnung zum Abendessen. Um Mitternacht sind wir, Hund und ich, dann losgezogen in die Innenstadt, wo die Bars bis früh in den Morgen geöffnet sind. Bolero konnte sich endlich bewegen und sich mit anderen Hunden treffen. Ich war in der Zwischenzeit in den kühlen Bars mit kühlen Drinks in heisse Gespräche vertieft. Irgendwie haben wir beide wieder nach Hause gefunden, bevor die stechende Sonne die Stadt erneut in gleissendes Licht verwandelte. Im abgekühlten Zimmer konnten wir schlafen und ausruhen. Später sind wir dann wieder ins Badezimmer gezogen.
Damals lagen die Temperaturen in der Stadt tagsüber immer über 40°. Heute, nach 40 Jahren, liegen die Temperaturen immer noch in diesem Bereich, aber die Bewohner aus den Städten im Landesinnern können es sich nicht mehr leisten, mit den Kindern drei Monate am Strand zu verweilen. Die Berufstätigen haben keinen Monat oder länger Urlaub, um der Hitze der Stadt zu entgehen. Da ist man froh, dass wenigstens der Fernsehapparat nicht mehr so aufheizt wie die alten Modelle und an der Wand hängt ja auch in fast jedem Zimmer eine Klimaanlage, da freut man sich doch über die rot gefärbten Wetterkarten und bemitleidet die armen Mitmenschen, welche in der Strandbar so schwitzen müssen.
Der
Alzheimer und die Dummheit der Sozialmedien werden von den Medien
ausgenutzt. Jedermann ist doch froh, wenn in Wirklichkeit der
Thermometer mit Coca-Cola Werbung ein Grad weniger anzeigt, als
gestern noch von der Sprecherin im Minirock verkündet.