Provence
Die Provence erstreckt sich von der Rhône über die Provenzalischen Voralpen und das küstennahe Massif des Maures bis in die Seealpen (Alpes Maritimes) und die Cottischen Alpen (Queyrasund Haute Ubaye) an der Grenze zu Italien. Die Provence ist reich an natürlichen Sehenswürdigkeiten und Baudenkmälern, etliche davon stehen auf der Liste des Weltkultur- und Naturerbes der Menschheit. Städte wie Avignon, Orange, Marseille, Nizza, Toulon, Aix und Carpentros sind weltbekannt und werden wieder täglich von mehreren Tausend Touristen besucht. Bekannt ist nicht nur seine Küche, seine Gewürze, das Olivenöl und die Weine, sondern auch die einmaligen abwechslungsreichen Landschaften und die Gastfreundschaft der Bewohner. Weg von der Hauptroute finden sich niedliche Dörfer, die zum verweilen einladen.
Viele
der Dörfer bezeichnen sich als eines der schönsten Dörfer
Frankreichs. Einige haben diese Bezeichnung sicher verdient, darunter
und als Beispiel nenne ich hier Lourmarin, an der Südseite der
Kalksteingebirgskette Luberon gelegen.
Sicher
ist es kein Zufall, dass im Friedhof, ausserhalb des Ortes nicht nur
der französischer
Dichter,
Roman-
und
Jugendbuchautor
Henri
Bosco und der französische Ingenieur und Politiker Raoul Dautry begraben sind, sondern auch der Literatur
Nobelpreisträger Albert Camus. Mit Albert hatte ich noch ein
persönliches Wort zu sprechen und da er vor meiner Geburt bei einem
Autounfall starb, kam erst heute der Zeitpunkt für ein einseitiges
Gespräch an seinem Grab.
Sein Grabstein ist einfach, die Schrift
nach über 60 Jahren ausgewaschen, das Grab scheint ungepflegt, ein
Oleander spendet ihm Schatten, ich stehe an der prallen Sonne und
rede mit ihm. Neben ihm auf der linken Seite das Grab seiner Frau,
etwas gepflegter. Nur ein paar Tage vor mir liess jemand einen Stein
liegen, auf dem geschrieben steht: "La révolte est une
revendication par l'homme de la justice dont on le prive." (Die
Revolte ist ein Anspruch des Menschen auf die Gerechtigkeit, die ihm
vorenthalten wird.) Weiter philosophierte Camus, dass auch im Falle
eines "unvermeidlichen Rückgriffs auf Gewalt", eine
Eventualität, die Camus als unreduzierbar anerkennt, "dürfen die
eingesetzten Mittel nicht die Grenzen überschreiten, die dem Henker
und seinem Opfer durch die Anerkennung der gemeinsamen
Menschlichkeit, die sie verbindet, auferlegt werden".
Es
freut mich und erfrischt meinen Geist, dass noch heute Mitmenschen
nicht nur an Albert Camus denken, sondern seine Worte sie bewegen und
berühren.
Lourmarin selber findet in seinem Prospekt für
Besucher kurze Worte für die beiden Schriftsteller, welche dem
Charme des Dorfes erlegen sind und durch Ihre Gräber zum Ruhm des
Dorfes beitragen. Eine Gasse wurde nach Albert Camus genannt. An
dieser, in der Nähe der Kirche und mit Blick auf die umliegenden
Felder war auch das Wohnhaus von Albert Camus. Keine Gedenktafel
verrät, welches der über zehn Möglichkeiten das Haus ist, denn
seine Tochter Catherine bewohnt das elterliche Anwesen und möchte
nicht gestört werden, was wiederum verständlich ist, wenn auch, so
glaube ich, nur ein kleiner Teil der Touristen Camus gelesen hat.
Lourmarin
bietet mir enge Gassen, welche sich um die Kirche winden und hoch zum
modernen Hauptplatz führen. Immer wieder öffnen sich dem Fotografen
herrliche Blicke und Motive. An der Hauptstrasse, tagsüber autofrei,
liegen zahlreiche Ausstellungsräume von ansässigen Künstlern neben
Modeläden und Souvenirgeschäften. Die Gehsteige sind bestuhlt durch
die Bars und Restaurants. Eigentlich habe ich Lust auf ein "verre"
und mir Camus und Bosco zu ihrer Zeit im Ort vorzustellen, aber die
Atmosphäre passt irgendwie nicht zu den beiden und somit in diesem
Moment auch nicht zu mir. Ich schlendere zurück zum Auto und fahre
in Gedanken versunken Richtung Küste nach Marseille.