Niger
Und
plötzlich erzählen uns die Tageszeitungen, dass die Ukraine nichts
mit dem Sahel zu tun hat und die Franzosen die Guten im Niger waren
und nun sicher auch hier die Russen kämen. Der Russe als Feindbild
erreicht seine alte Grösse in Europa.
Im
Gegenzug verliert Frankreich endlich seine Glaubwürdigkeit. Die
Zeiten sind vorbei, dass der Weisse dem Schwarzen Glasperlen und ein
Fass Branntwein schenkt und dieser im Gegenzug ein Kreuz unter einen
Vertrag setzt und somit den Abbau von Uran abtritt.
Die ersten, welche sich an die Westküste Afrikas wagten, waren die Portugiesen. Sie bauten entlang der Küste Festungen, um das weitere Vordringen auf dem Schiffsweg Richtung Indien zu sichern. An den Festungen gab es für die Seefahrer frisches Wasser, Obst und Gemüse, Fleisch und erste Tauschwaren wie Gold und Elfenbein. Frankreich versuchte mit den Portugiesen mitzuhalten, war aber noch nicht bereit und die wenigen Niederlassungen wurden bald aufgegeben. Besser waren die Engländer und die Holländer vorbereitet, welche über eine starke Flotte verfügten und sich im Handel auskannten. Bald hatten sie die alten portugiesischen Festungen eingenommen und ausgebaut.
Etwa
zur gleichen Zeit auf der anderen Seite des Atlantiks wurden die
Einwohner Amerikas hingemetzelt und plötzlich standen die Eroberer
alleine da und es gab nicht genügend europäische Einwanderer, um
die weiten fruchtbaren Flächen vor allem im Süden zu bearbeiten.
In
Afrika gab es dagegen viele Menschen, die nichts zu tun hatten, und
so gab eins plus eins drei und die ersten Schiffe aus Europa, welche
Metall, Glasperlen, Stoffe, Wein und Schnaps an die afrikanische
Küste brachten, nahmen einen Umweg mit dem wenigen Gold und
Elfenbein, das sie gekauft haben und brachten die ersten schwarzen
Arbeitskräfte nach Amerika. Erst dann segelten sie zurück nach
Europa. Der Sklavenhandel an der Westküste Afrikas war geboren.
Der
König von Brandenburg, später Preussen, hörten von diesem
lukrativen Dreiecksgeschäft und wollten auch ein bisschen
mitmischen. Da keine eigene Schiffe und somit keine eigene Marine
bestand, wurden die im eigenen Vaterland unliebsame Holländer samt
Schiff und Mannschaft angeheuert. Im 17. Jahrhundert waren somit die
Deutschen für knapp 60 Jahre auch an der Westküste vertreten und
halfen mit Menschen auf die andere Seite des Atlantiks zu schiffen.
Afrika
war für die Europäer ein hartes Pflaster. Der Winter war heisser
als der Sommer zu Hause. Die Früchte und das Gemüse waren anders,
aber es schmeckte. Die Krankheiten waren unbekannt und wer ein halbes
Jahr überlebte, konnte sich glücklich schätzen. Nach den ersten
abenteuerlichen Tagen wurde es langweilig. Man traute sich nicht weit
weg ins Landesinnere. Wilde Tiere, unbegehbare Wege, Hitze und
Krankheiten liessen die Europäer in ihren Festungen weilen. Schiffe
kamen auch nicht jede Woche, im Herbst, wenn die Winde ungünstig
wehten sogar für Monate nicht. Alkohol in grösseren Mengen half
vielleicht gegen die Krankheiten, sicher aber gegen die Langeweile
und sorgte für einen tiefen Schlaf unter tropischen Nächten.
Die
Schwarzen waren vielleicht für die Europäer primitiv, aber sie
wussten, wie leben, wo sie geboren sind. Sicher freuten sie sich über
die glitzernden Glasperlen, die farbigen Stoffe und die
feuerspeienden Holzstöcke, aber dumm waren auch sie nicht und
merkten bald, dass die Weissen ohne ihre Hilfe nicht lange sich in
Afrika halten können.
Als
der Mensch zur Ware wurde, waren sie es, welche die Mitglieder ihrer
Feinde, ihrer Nachbardörfer vom Landesinnern an die Küste brachten.
Wenige Weisse haben sich mehr als die Reichweite einer Kanonenkugel
von der Küste entfernt.
Menschen
gab es wohl zu genügend und geschäftstüchtige, skrupellose Händler
gab es schon immer. Früher wurde mühsam Gold in den Norden
gebracht, um in das fehlende lebenswichtige Salz zu tauschen. Mit den
Wünschen der Briten und Holländer wurde der Weg kürzer und der
Ertrag höher.
Es
war besser, seinen Feind vorher zu fesseln und zu verkaufen, als
selber von Feinden gefesselt und verkauft zu werden. Wenige hatten
das Glück, davon zu kommen. Aber die Gebieter benötigten
einheimische Soldaten, welche nicht nur die Festungen verteidigten,
sondern auch die Handelswege ins Innere des Kontinents sicherten. Auf
die weissen Soldaten konnte nicht gezählt werden. Die Weissen kamen
ohne Frauen, somit schufen sie Platz für Konkubinen. Aber der grosse
Rest wurde über See nach Amerika in ein besseres Leben geführt,
sofern der Tod nicht bereits auf dem Weg zum Strand oder auf der
Überfahrt auf sie wartete.
Eine
traurige Geschichte der Menschheit, hinter der nicht nur einfach die
Fahrt nach Amerika stand, sondern dahinter standen Geschichten von
Weissen und Schwarzen. Geschichten, welche nichts mit den Franzosen
im Sahel zu tun haben, aber Geschichten, welche die vermeintliche
Stellung der Europäer in Afrika bis in die heutige Zeit prägen.
Vieles hat sich in den Jahrhunderten geändert, aber im Grunde sind
die Gesetze des Handels geblieben und werden bleiben, solange sich
Menschen nicht schämen, über die Leichen der anderen zu steigen.