Malaga

09.07.2024

Lange Zeit war der internationale Flughafen von Málaga für die meisten Reisenden nach Südspanien der einzige Kontakt mit der Stadt. Von hier aus ging es mit organisiertem Transfer direkt zum Strandhotel an der Costa del Sol. Von hier aus begann die kulturelle Rundreise durch Andalusien. Die Stadt selbst wurde fast nie besucht und fristete lange Zeit ein Schattendasein unter den 8 Hauptstädten der gleichnamigen Regionen Andalusiens.

Ich hatte beruflich viel mit dem Flughafen von Málaga zu tun und bin immer gerne in die Stadt gefahren, wenn es die Zeit erlaubte. Der Markt war noch authentisch, es gab an jeder Ecke typische Bars, in denen man unter Einheimischen sein Bier oder seinen Wein trinken und dazu leckere Tapas essen konnte. Touristen verirrten sich selten in die Stadt, warum auch. Die viel grössere Festung hatte man in Granada gesehen, die einarmige Kathedrale konnte man sich sparen und die Bilder von Pablo Picasso, der hier geboren wurde, waren ausserhalb des Stadtmuseums zahlreicher und bekannter.

Jahre, Jahrzehnte war ich nicht mehr in Málaga gewesen, wenn, dann nur auf der Umgehungsstrasse oder eben auf dem inzwischen viel grösseren Flughafen, um Freunde oder Familie abzuholen oder zum Rückflug nach Hause zu bringen. Doch dieses Mal wollte ich wieder einmal in die Stadt. Schon bei der Einfahrt überraschten mich die ersten renovierten Gebäude und Neubauten. Die Strassen sind sauber und direkt neben der Altstadt gibt es moderne Parkhäuser. Der Fluss Guadalmedina führt kein Wasser wie früher. Seine Ufer sind zu breiten Promenaden geworden. Die Alameda Principal mit ihren Blumenläden lässt den Verkehr noch durch die Stadt rollen. Hinweisschilder auf die Metro sind Zeugen der Moderne. Auf dem Weg zur Markthalle treffe ich die ersten Touristen, der Markt selbst und die angrenzenden Tapa-Bars sind voll von ihnen. Man spricht Englisch, Holländisch, Deutsch, nur kein Spanisch! Die Touristen haben den Ort erobert. Sonne und Meer allein reichen nicht mehr! Die Calle Molina Lario, Herzstück der Fussgängerzone, ist mit gesponserten Segeltüchern überspannt und spendet den Passanten Schatten, die von einem internationalen Modehaus zum Rolex-Uhrmacher schlendern. Die einst so gemütlichen Bars und Restaurants sind grösstenteils noch vorhanden, einige sind verschwunden oder in moderne Restaurantketten umgewandelt worden. An den Fenstern prangt noch der alte Schriftzug Cocina Espanola, aber Lasagne, Pizza und Rucola Salat werden den Gästen angeboten. Meine einst so beliebte kleine Eckkneipe ist noch da, aber die Küche wurde verlegt, um mehr Platz für Tische zu schaffen. Damals gab es noch keine Speisekarte, heute ist es ein Fotoalbum der Gerichte. Vor jedem Lokal werben eifrige Kellner um Kundschaft. In schlechtem Englisch wird um jeden möglichen Gast gebuhlt. Gegenüber wirbt eine Sprachschule für Sprachkurse. Der heutige Besitzer erinnert sich nicht mehr an die guten alten Zeiten.

Ein grosses Stück Málaga ist verloren gegangen. Der positive Wandel der Stadt ist heute ein Touristenmagnet. Torremolinos hat Málaga erobert! Selbst in den kleinen Gassen, die zum Hafen führen, haben sich die Fischbars verändert. Nur die Weinbar mit ihren Fässern voller Malaga-Wein ist geblieben.

Ich freue mich für Málaga und seinen Wandel in die Moderne. Ich freue mich über die renovierten Gebäude und Plätze und gleichzeitig weine ich über den Verlust des Málaga, das ich so lieb gewonnen habe. Die Zeiten ändern sich, vieles ist geblieben und wird die Zeit überdauern. Die Kathedrale wird nie ihren zweiten Glockenturm bekommen und die Einheimischen haben ihre Kneipen etwas ausserhalb der Altstadt behalten und freuen sich mit mir über den wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt.

Ein weiteres Phänomen sind die Ferienwohnungen, die Gästezimmer. Nein, keine kleinen Herbergen, Hostals wie früher, sondern über Internetplattformen vermarktete Übernachtungsmöglichkeiten ab einer Nacht. Alte Häuser wurden liebevoll restauriert, die Wohnungen sind toll eingerichtet und die Preise sind hoch. Da kann kein Einheimischer mit einer festen Monatsmiete mithalten. Die Touristen zahlen viel mehr und so sind immer mehr Guesthouses in der Stadt entstanden und die Einheimischen selbst sind gezwungen, in die Aussenbezirke zu ziehen, wo sie sich die Mieten leisten können. Auch hier finde ich es toll, dass die alten Häuser so liebevoll restauriert und renoviert wurden. Den Preis haben die Einheimischen bezahlt. Die Stadt Málaga gehört heute zu den teuersten Städten Andalusiens, was die Festmieten betrifft.