Hitparade
Mit meiner gestrigen Bemerkung im Blog habe ich mir selber eine Aufgabe gestellt, die einfach tönt, doch schwierig ist zu bearbeiten. Es geht um meine persönliche 100 Best Songs Hitparade.
Musik
hat mich wie die Literatur bereits als Kleiner begleitet. Zuhause
lief der Radio von den Frühnachrichten um 7 Uhr bis zu den
Spätnachrichten um 20 Uhr. Radio Beromünster! Somit hatten wir
ausser den Nachrichten und Neuigkeiten aus Stadt und Land, wenig aus
dem Ausland, immer Musik im Hintergrund. Mein Vater liebte es nach
dem Abendessen am Tisch sitzen zu bleiben und die Tageszeitung zu
lesen. Hie und da las er auch in einem Sachbuch wie zum Beispiel über
das Leben von Rommel in Nordafrika, was in faszinierte. Oder er
studierte eine Fachzeitschrift über Mechanik und Roboter. Neben ihm
der Radio, Volksmusik oder wie wir Schweizer es nennen, Ländler,
tönen aus dem Apparat. Dazu wird kräftig geraucht und Mutter und
Kinder ziehen ins Wohnzimmer, in die rauchfreie Zone. Die
Ländlermusik ist für sich eine sehr freundliche und fröhliche
Musik und eignete sich für meinen Vater zum ausspannen der täglichen
Arbeit. Musikalisch war Vater aber nicht. Dagegen die Mutter schon.
Sie hatte eine schöne Stimme und spielte auf der Ziehharmonika. Sie
hörte gerne alle Musik die tagein und tagaus gesendet wurde. Sie
hatte nur etwas gegen die langhaarigen Kerle mit Gitarre die in einer
fremden Sprache, glaube englisch, etwas unverständliches in den
Äther posaunten. Da war ihr das Trio Eugster mit O läck Du mer
schon lieber.
So
blieb mir noch meine 14 Jahre ältere Schwester, welche in ihrem
Zimmer einen Plattenspieler hatte, dessen Deckel gleich auch der
Lautsprecher war. Singles konnten ohne Probleme abgespielt werden,
aber für etwas leichter geprägte LP's war der Plattenteller zu
klein und die ersten Rillen des ersten Liedes musste mit Vorsicht
gehört werden. Aber in den 1966-ern waren sowieso Single in. Meine
Schwester war vernarrt in deutsche Schlager. Von Heino über Heintje,
Drafi Deutscher, Peter Kraus, Roy Black, Alexandra, Vicky Leandros
hörte sie Liebeslieber bis hin zu Peter Alexander und Udo Jürgens.
An manche der Texte kann ich mich bis heute erinnern. Die Lieder
wurden soviel abgespielt, bis sich der Text, ganz in Weiss mit
einem Blumenstrauss; blondes Haar, so kam sie zu mir; Marmor, Stein
und Eisen bricht, aber unsere Liebe nicht, mir
bis heute einprägten.
Die
kleine Kneipe von Peter Alexander und Griechischer Wein von Udo
Jürgens wurden später Mitte der 1970-er Jahren veröffentlicht und
beide Lieder höre ich bis heute gerne.
An die ersten Lieder die ich mich erinnern mag und die Texte auch noch kenne waren aber Wanderlieder, wie Lustig ist das Zigeunerleben, Ramseiers göhnt go Grase, wir lagern vor Madagaskar und Weihnachtslieder wie Stille Nacht, O du Fröhliche, Tannenbaum.
So
hörte sich also das musikalische Leben meiner Kindheit an. Ich mag
mich erinnern, dass wir während der Primarschule erste Geburtstage
mit Musik und Tanz feierten. Mag mich erinnern, dass immer irgendwo
ein Erwachsener aufpasste, aber an die Musik zu der wir tanzten habe
ich vergessen. Ich habe auch vergessen, wer mich auf The Beatles
aufmerksam machte. Sicher war es nicht meine Schwester, wenn sich
auch eine Handvoll englisch gesungener Singles in ihrem Zimmer
fanden. Ich war fasziniert von den Vieren. Vor allem Georg Harrison
hatte es mir angetan, später dann auch John Lennon. Ich war auch auf
der Seite des Aussenseiters, Ringo Star, Paul McCartney mochte ich
nicht besonders. Ich sammelte alles, was ich über die Beatles fand,
ob Biografien, Artikel in Musikzeitschriften und Fernseh- sowie
Radiosendungen.
Mit den Beatles lernte ich Englisch. Ein Englisch,
welches sich vom Schulenglisch unterschied und Themen beschrieben
über welche zu Hause nicht gesprochen wurden. Meine ersten
Liebesbriefe inspirierte ich aus den Songs der Beatles und bei
Herzschmerz hörte ich gerne Let it be.
Während der
Sekundarschule hörte ich das erste Mal Rock, wie Status Quo, Sweet
oder meine erste platonische Liebe Suzi Quatro, deren Bild als
Bravo-Poster an der Wand hing.
Meine Schwester flüchtete sich während ihrer Pubertät in die Welle der deutschen Schlager und träumte von der grossen Liebe, von Heirat, Ehemann und Kindern. Ein Wunsch, der sich später auch erfüllte, nur dass die Musik dank ihres Mannes in die Klassik umschlug. Während meiner Pubertät suchte ich nach Antworten. Ich wusste, ich will nicht so sein wie meine Eltern, nicht so sein wie meine Schwester. Aber ich wusste nicht, wer ich sein wollte, wer ich bin. Ehrlich gesagt, weiss ich es heute noch nicht, aber das ist ein anderes Thema, über das zu einem späteren Zeitpunkt geschrieben werden kann. Während meiner Suche zu Ende der Schulzeit und während der Lehrzeit fand ich durch Kollegen und Freunde zur alternativen Musik, wie sie damals genannt wurde. Musik aus Amerika, aus England bis hin aus Australien. Also von AC/DC über Fleedwood Mac zu Phil Colins mit den Genesis, Supertramp, FCY, Peter Gabriel, Eagles, Cat Stevens, Elvis Costello, Joe Cocker, Bob Dylon, Kathe Bush, The Cure, Uriah Heep, Alan Parsons Project, David Bowie, Manfred Man, Pati Smith, Lou Reed, Bob Marley, Peter Tosh, Moddy Blues, Iggy Pop, Robert Palmer, UB40, Led Zeppelin, Smokie, Creedence Clearwater Revival, Double, Dire Stritse, Leonhard Cohen, Nazareth, Electric Light Orchestra, Pink Floyd, Toto, 10cc, Level 42, Bryan Ferry, Roxy Music, REM, Jethro Tull, Billy Joel, Chicago, Boston, Manu Dibango, Al Stewart, JJ Cale, Talk Talk, Simply Red, Lynyrd Skynyrd, Rod Steward, Black, Janis Joplin, Kiss, Quenn, Mike Olfield, Santana, Roxette, Talking Heads, Deep Purple, Oasis, U2, Blondie, Velvet Underground, Guru Guru, Frank Zappa, Police, Clash, B-52, ZZ Top, Rolling Stones, Bee Gees, Joan Baez, Sex Pistols, Elton John, Yes, Scorpions, Cranberries, Suzanne Vega, Sinead O'Conner, Annie Lenox, Prince, Michael Jackson, Pretenders, Billy Joel, Sting, und kein Ende.
Meine Musikliebe war und ist so vielseitig wie gute Musik nur sein kann. Ein wichtiger Abschnitt war für mich auch die Reggea Musik aus dem fernen Jamaika. Der African Jazz und natürlich der Blues. Bei den Schweizer Gruppen stechen Polo Hofer, Stefan Eicher und Züri-West hervor. Die deutschsprachige Musik ist vertreten durch die Liedermacher aus Österreich angeführt von Georg Danzer, Konstantin Wecker bis hin zu Reinhard Mey. Falco darf nicht vergessen werden wie auch Herbert Grönemeyer und Udo Lindenberg mit seinem Panik Orchester. Trio mit da, da, da und Kraftwerk auf der Autobahn. Als Liedermacher spielt der Berner Mani Matter bis heute eine grosse Rolle. So vermischen sich die Musik der 1960-er, 70-er, 80-er und 90-er bis ins heutige Jahrhundert. So wie der Song Running up that Hill von Kate Bush dank einer Netflix Serie eine Wiedergeburt erlebte und sich meine Kinder fragten, wieso ich alter Mann diese Sängerin kenne, wenn auch mein Favorit Wuthering Heights aus dem Jahre 1978 ist. Sie wussten nicht, dass Kate Jahrgang 1958 ist.
Mit dem Umzug Mitte der 1980-er Jahren nach Spanien kam zu meiner bereits reichen Palette die spanische Musik dazu. Angereist bin ich damals mit Musik von Terence Trent D'Arby und Sledgehammer von Peter Gabriel. Aber die Gäste in der Bar Syline in Granada wünschten von mir als DJ einheimische Musik von Radio Futura, Duncan Dhu, Gabinete Caligari, La Guardia, La Oreja de Van Gogh, Mecano, Miguel Bosé, 091 y Ella Baila Sola con sus amores de barra.
Auch in Spanien gibt es Liedermacher und da hat mich vor allem Joaquin Sabina sehr geprägt. Singen kann Sabina nicht, auf der Gitarre spielt er ein paar Akkorde, aber seine Texte sind einmalig. Eine Aufgabe, welche ich mir für das kommende Jahr aufspare, einige der Liedtexte und Sprüche von Joaquin Sabina aufs Deutsche übersetzen. Caminando al hostal nos besamos en cada farola. Era un pueblo con mar. Auf dem Weg in die Pension küssten wir uns unter jeder Strassenlampe. Es war ein Dorf mit Meer.
So vielseitig die Musik, so vielseitig das Leben und zum Schluss möchte ich die Klassische Musik nicht vergessen, angeführt von Maurice Ravel und Bolero über Tchaikovsky 6. Symphonie zur Rhapsody von Sergei Rachmaninoff bis zu Dimitri Shostakovich. Viele dieser Künstler waren in meiner umfangreichen LP Sammlung vertreten, welche sich mit der Zeit in CD's verwandelten. Heute habe ich weder eine Vinyl noch eine CD. Geblieben ist aber der Radio mit seiner vielseitigen Musik und Spotify. Spotify, eine Errungenschaft, welche uns die Moderne gebracht hat und wir in unserer Jugend nicht kannten und somit auch nicht missen konnten.
Unsere
Zeit war die Beste, denn es war unsere Zeit!