Ghazaouet
Die Stadt Ghazaouet findet sich an der westalgerischen Küste zwischen dem Kap Tarsa und der marokkanischen Grenze bei Saidia. Während der französischen Kolonialzeit trug der Ort den Namen Nemours. Die Stadt liegt am Fusse der Gebirgskette Monts des Traras. Durch die Stadt fliessen der Oued el Mersa und weitere kleine Wasserläufe, die hier das Mittelmeer erreichen. Im Hinterland der Stadt befinden sich drei nennenswerte Erhebungen, die Berge Djebel Fillaousen (1136 m), Djebel Tadjra (861 m) und Djebel Zendal (613 m). An den küstennahen Gebirgshängen prägten Eichen und Eukalyptus den Baumbestand. Das Klima ist trocken und im Jahresverlauf relativ gleichbleibend.
Die
Geschichte der Stadt Ghazaouet reicht bis in die Römerzeit zurück.
Der Ort wurde Ad Fratres genannt. Diese Bezeichnung leitet sich von
zwei markanten und etwa 25 Meter hohen Felsen (die zwei Brüder) ab,
die etwa 300 Meter vor der Küste liegen. Sie dienten in früheren
Epoche als Navigationshilfe der Seefahrer. Die Römer richteten hier
eine Hafenanlage und auf dem östlichen Felsenplateau der Landspitze
ein Militärposten ein.
Das
französische Nemours wurde im Jahre 1844 gegründet. Die Franzosen
errichteten hier zur Versorgung im Krieg mit Marokko
die notwendigen
militärische Anlagen. Ihren französischen Namen erhielt die
militärische Siedlung auf königliche Anordnung nach de Louis
Charles Philippe Raphael d'Orléans, duc de Nemours,
der während der 1830er Jahre in Algerien die Truppen Frankreichs
befehligte und den Eroberungskrieg gegen Abd
el-Kader führte.
Mit
der Bildung eines Verwaltungsdistrikts nahm die einst militärische
Siedlung schrittweise ein europäisches Gesicht an. Noch heute Zeugen
Bauten von der Zeit Ende des 19. Jahrhunderts.
Der heutige Name
Ghazaouet besteht aus zwei Substantiven. Die Bedeutung des zweiten
Teils, Oued, ist eindeutig, Fluss auf arabisch.
Das erste Wort,
Ghaza erinnert uns an den gleichnamigen Ort in Palästina und Google
nennt uns die Möglichkeit eines türkischen Wortes, was durch die
Anwesenheit der Osmanen möglich ist.
Im 11. Jahrhundert gab es in Persien die türkische Dynastie der Ghazawiden. Deren Name geht auf die Stadt Ghazna zurück, welches heute Ghasni, südlich von Kabul in Afghanistan heisst.
Sollte sich der Ursprung des
Wortes im lateinischen finden, so wäre es mit Schatzkammer zu
übersetzen. Mit seinem reichen Anteil an Fisch, Rohstoffen und
Landwirtschaft , wäre diese Deutung möglich.
Im
Jahre 1931 wurde mit dem Bau der Eisenbahnstrecke bis zum heutigen
marokkanischen Oujda begonnen. In der Gegend um Bouarfa gab es
Anthrazit- und Manganvorkommen, welches abgebaut werden wollte.
Der
Hafenausbau begann bereits im Jahre 1908. Der diente ausser dem
Militär vor allem dem Handel und der Fischerei. In den 1950er Jahren
wurde das Hafenareal erweitert und der direkte Anschluss der Bahn
bietet theoretisch einen Warenaustausch bis in den Niger.
Heute
noch bietet der Hafen den wirtschaftlichen Rückgrat der Stadt. Auf
23 Hektaren ist der Hafen für Frachtverkehr konzipiert und verfügt
über ein Containerterminal. Immer Dienstags legt in der Frühe die
Fähre aus Almeria an, welche am späten Nachmittag den Hafen wieder
Richtung Spanien verlässt. Die Überfahrt beträgt knapp 8
Stunden.
Gefischt werden vor den Küsten Sardinen und Anchovis.
Ausgeführt über den Seeweg werden heute Steinkohle, Mangan, Eisen,
Kupfer und Kobalterz. Es bestanden rege Handelsbeziehungen zu
Spanien, der durch die spanische Anerkennung der Westsahara zu
Marokko getrübt ist.
Der Gütertransport erfolgt auf der Strasse
N98, die Zufahrt zum Hafenort wurde auf vier Spuren ausgebaut, ist
heute aber noch nicht eröffnet. Die Eisenbahnlinie würde zunächst
südwärts führen und westlich von Tlemcen auf die Hauptachse nach
Oran münden. Diese Hauptlinie verband einmal Casablanca über Oujda
und Oran bis nach Algier. Auch hier sind die
Meinungsverschiedenheiten der Politiker schuld, dass die Grenzen seit
Jahrzehnten zwischen den beiden Maghreb-Länder geschlossen
bleiben.
In
einigen Taleinschnitten rund um die Stadt herrscht keine
Wasserknappheit. Die Gärten und Obstplantagen liegen grün zu Füssen
der kahlen Hügel. Frische Früchte, Weintrauben und Gemüse spielen
eine wichtige Rolle.
Der damalige Glanz hat die Stadt schon lange verloren. Die alten Häuser aus der Kolonialzeit, teilweise über 100 Jahre alt, stehen verfallen an der Hauptstrasse, Die Kirche macht von aussen einen desolaten Eindruck und wird als Kulturzentrum genutzt. Die alten Cafés, wo einst nach der harten Arbeit auf Meer und Land Pastis und Wein getrunken wurde, werden von Einheimischen genutzt. Es gibt viele Kleiderläden, Fast Food und Mobilshops. Ausländische Residenten finden sich keine mehr, Touristen nutzen den Ort kurz vor der Ab- und Anreise über Meer nach Europa.