Feigen sind keine Früchte
Eine
Feige ist nicht irgendeine Frucht. Tatsächlich ist es nicht einmal
eine Frucht.
Eigentlich sind Feigen umgedrehte Blumen. Feigenbäume
blühen nicht auf die gleiche Weise wie andere Obstbäume wie Mandel-
oder Kirschbäume. Ich freue mich immer wieder auf die ersten Feigen.
Sie sind so speziell fruchtig, schmecken besonders und löschen nicht
nur den Hunger. Somit ist es nicht erstaunlich, dass die ersten
kultivierten Pflanzen der Menschheitsgeschichte Feigenbäume waren.
Die
Echte Feige (Ficus Carica) stammt aus Kleinasien, aus der Regionen am
Kaspischen Meer und dem Pontischen Gebirge im Norden der heutigen
Türkei.
Aber
bereits
in der Antike verbreitete sich der Feigenbaum bis ans Mittelmeer und
ist hier bis heute heimisch.
Feigen
haben eine sehr merkwürdige Geschichte. Erstens handelt es sich
technisch gesehen nicht um eine Frucht, sondern um einen Fruchtstand,
eine Reihe von Früchten. Und zweitens brauchen sie zur Fortpflanzung
ein Insekt, zum Beispiel eine Wespe, welche im Inneren der Feige
stirbt. Mit einfachen Worten, Feigen sind eine Art umgekehrte Blüten,
die in dieser grossen dunklen Schote mit rötlichen Tönen blühen,
die wir als Feigen kennen.
Jede Blüte bringt eine einzelne
Schalenfrucht und einen einzelnen Samen namens Achäne hervor. Achänen
sind somit einsamige Schliessfrüchte, öffnen sich nicht bei Reife,
bei denen ein dünnes,
nur an einem einzigen
Punkt anhaftendes, lederiges,
zähes, trockenes Perikarp
(nur
teilweise verholzte Fruchtwand) einen einzelnen Samen (Testa) dicht
anliegend umschliesst. Typische Beispiele sind die Sonnenblume,
aber auch die Samen der Erdbeere.
Eine spezielle Form ist
das Sykonium der Scheinfrüchte von Feigen (Ficus).
Hier sind die Achänen innseitig in einem fleischigen, hohlen
Blütenboden angeordnet. Die
Feige besteht aus mehreren Achänen, die ihr die charakteristische
knusprige Konsistenz verleihen.
Wenn wir also eine Feige essen,
essen wir eigentlich Hunderte von Früchten.
Aber das Unglaubliche
ist der spezielle Bestäubungsprozess, den die Feigenblüten zur
Fortpflanzung benötigen.
Sie können sich nicht wie andere
Früchte auf den Wind oder Bienen verlassen, um Pollen zu ihnen zu
bringen, deshalb brauchen sie eine Art, die als Feigenwespen bekannt
ist.
Diese Insekten tragen ihr genetisches Material und ermöglichen
ihre Fortpflanzung. Diese Art von Wespen wiederum könnten ohne
Feigen nicht leben, da sie ihre Larven in den Früchten ablegen.
Diese Beziehung bezeichnet der Botaniker als Symbiose oder
Gegenseitigkeit.
Derzeit ist die überwiegende Mehrheit der
Erzeuger dieser Frucht nicht mehr auf die Arbeit von Wespen
angewiesen. Die meisten Feigensorten für den menschlichen Verzehr
sind parthenogenetisch. Das bedeutet, dass sie auch in Abwesenheit
eines Bestäubers immer Früchte tragen. Dies tönt nun aber wieder
irgendwie unnatürlich.
Feigen
schmecken am besten reif ab dem Baum. Mit den Fingern fühlt man
deren Reifegrad.
Kurz im kühlen Wasser waschen und schon kann sie
mit Haut und Stil gegessen werden.
Die gepflückten Früchte im
trockenen und kühlen aufbewahren. Feigen reifen nicht nach, daher
auch eine der Früchte, welche ab Baum am besten schmecken. Länger
Haltbar bleiben sie im Kühlschrank. Für mich kommt aber der
Kühlschrank nicht infrage. Feigen, welche im Kühler gelagert
wurden, verlieren ihren ursprünglichen Geschmack. Aber Feigen sind
schlecht haltbar und werden innerhalb weniger Tage schlecht. Der
Geruch nach Gärung verrät die Überreife der Frucht. Grauer
Schimmel setzt sich an. Die Frucht wird matschig.
Gibt
es einmal zu viele Früchte, getrocknete Feigen sind eine besondere
Spezialität in den Wintermonaten. Zum Dörren halbiere ich die
Früchte und breite diese auf einem Rost aus.
Mit einem Leinentuch
abgedeckt lasse ich das Obst mehrere Tage im Sonnenlicht trocknen.
Getrocknete Feigen sind ein wichtiger Bestandteil meiner
verschiedenen orientalischer Gerichte. Dank ihrer zarten Süsse
verleihen sie den Speisen eine besondere Note. Beim Lesen am
Kaminfeuer knappere ich gerne an den getrockneten Feigen und freue
mich auf das kommende Jahr, wenn wieder neue Feigen direkt ab dem
Baum gegessen werden. Übrigens, Feigenkonfitüre versüsst das
Frühstück!