Fasnacht
Es ist wieder so weit, es ist Fasnacht! Offiziell mit der Tagwach am Schmotzige Donnschtig begonnen, dauert sie bis hin zum Aschermittwoch in den meisten heidnischen Regionen Germaniens, von Köln bis in die Innerschweiz. Der ganze germanische Teil Europas? Nein! Die unbeugsamen Fasnächtler am Rheinknie zu Basel beginnen ihre drei schönsten Tage im Jahr erst am Montag auf den Aschermittwoch folgend. Dafür gleich um 4 Uhr morgens mit dem "Morgestreich, vorwärts marsch!", und ohne Pause 72 Stunden lang.
Die
Mehrheit der Fasnächtler führen den Ursprung ihrer Fasnacht auf
vorchristliche, heidnische Wurzeln zurück und erzählen gerne, dass
in und mit der Fasnacht und ihrem lärmenden Treiben der Winter
ausgetrieben und die baldige Ankunft des Frühlings
gefeiert
werde. Doch für Volkskundler und Historiker sieht die Sache anders
aus.
Die Fasnacht ist ein christliches Fest und eng verbunden mit
der darauf folgenden vierzig-tägigen christlichen Fastenzeit als
Vorbereitung auf das wichtige Osterfest.
Das Wort, wie früher noch geschrieben, Fastnacht mit T, bezeichnet
den Zeitraum, die Nacht, vor Anbruch der Fastenzeit.
Das Wort Karneval, das aus dem italienischen "carnevale" abgeleitet, weist auch auf die Fastenzeit hin. "carnevale" ist die Kurzform des lateinischen Begriffs "carnislevamen", was soviel bedeutet wie ohne Fleisch. Der Verzicht auf Fleisch und tierischen Produkte wäre ein sehr wichtiges Element der Fastenzeit. Verboten wären auch der Genuss von Alkohol und das Gebot der sexuellen Enthaltsamkeit. Kein Wunder, dass es an den Tagen vor der Fastenzeit in jeder Hinsicht hoch herging und zum Missfallen der Kirche so richtig gefeiert und gesündigt wurde. Irgendwie erinnert mich die christliche Fastenzeit an den islamischen Ramadan, den wir in unserer Kultur falsch am Platz zu sehen glauben. Dabei wäre die vor österliche Fastenzeit nicht nur länger als der Ramadan (28 Tage) noch kennt er die muslimische Gelassenheit zwischen Sonnenuntergang und -aufgang, wo nicht nur genügend gegessen wird.
Zurück zur gottlosen Fasnacht, welche durch die bereits in der Bibel zitierten Narren beherrscht wird. Währende meiner Jugend bastelten wir uns die Trommeln aus alten Farbtöpfen, dazu einfache Holzschläger, ein selber geschneidertes Kleid aus einem alten gefärbten Leinentuch und eine Maske aus Papiermaché gebastelt. Wir waren froh, wenn einer aus der Gruppe mit der Trompete einfache Melodien spielen konnte und wir dazu trommelten. Bei Tagwach streiften wir in den Gemeinden im Kanton Luzern durch die Häuserblocks und versuchten die Schläfer aus ihrem Schlaf zu reissen, was sicher gelang, der Lärm war riesig, eher Krach als Musik. Grösser geworden gingen wir dann lieber in die nahe Stadt, wo man sich mit Tausenden von Gleichgesinnten traf und den lieben langen Tag in den Gassen der Altstadt herumstreifte. Die Gugger wurden immer mehr zu Perfektionisten. Die Wagen und einzelnen Gruppen perfekter. Über das Wochenende gab es verschiedenste Veranstaltungen und Strassenfasnacht in den Dörfern. Montag war dann wieder in der Stadt was los und der Höhepunkt bildete der Güdisdienstag mit den fasnächtlichen Aktivitäten im Wohnort. Am späten Nachmittag pilgerten aus allen Himmelsrichtungen die Feiernden in die Stadt zum Monsterkonzert, dem Abschluss der himmlischen Tage. Müde und zufrieden schwankten wir in den Aschermittwoch und wer richtig geplant hatte, konnte die kommenden Tage ausruhen, sich erholen und erst wieder am kommenden Montag zur Arbeit erscheinen.
Die
Fasnacht in Basel war damals noch fern. So fern wie Basel selber. Der
Morgenstreich, die Larven, die Räppli und das Militärische mit
Trommel und Pfeifen waren uns Zentralschweizer fremd. Der
unkontrollierte Umzug, der Cortège, war uns unvorstellbar und
höchstens am Fernsehen verfolgten wir aus der Ferne das Geschehen.
Zwei total verschiedene Arten und Möglichkeiten die Fasnacht zu
feiern und dies weniger als 80 Kilometer voneinander entfernt. Das
unorganisierte Chaos in Basel, wo die Teilnehmer nur den Start um 4
Uhr morgens kennen, der Rest ist Zufall, das Vermögen wach zu
bleiben und sich nach Lust und Laune durch die Stadt zu bewegen. Erst
am darauffolgenden Mittwoch, kurz nach 6 Uhr morgens, kommt die Stadt
zur Ruhe und richtige Fasnächtler planen und träumen vom kommenden
Jahr und zählen die Tage, bis es wieder heisst, "Morgestreich,
vorwärts marsch!"