Emile Zola
Das vorliegende Buch habe ich noch zu Zeiten der Peseta gekauft. 375 Pesetas hat es mich gekostet, also rund 2.25 €. Ich glaube nicht, dass ich es wegen Zola kaufte, sondern wegen des Titels "La Taberna". Auf Deutsch ist das Buch unter dem Titel "Der Totschläger" erhältlich und als Taschenbuch als "Die Schnapsbude". Das Original trägt den Titel "L'Assommoir", der Name einer der im Roman häufig frequentierten Kneipen. Wörtlich übersetzt also der Hingucker.
Das Buch im Festeinband habe ich nun über 20 Jahre mit mir herumgetragen und es diente in meiner LA TABERNA als Dekostück. Mit der Kiste gefüllt mit spanischer Literatur, fand das Buch den Weg zu meinen Kindern in Spanien und dort habe ich es mir dann aus gelehnt, um endlich zu lesen, wie Zola sein Paris Ende des 19. Jahrhunderts beschreibt.
Emile Zola veröffentlichte den Roman "Der Totschläger" im Jahre 1877 als siebten Band des Zyklus über die Familie Rougon-Macquart. In seinem Vorwort der spanischen Ausgabe erwähnt Zola, dass die Reihe aus zwanzig Romanen bestehen wird. Seit 1869 hat er den Generalplan streng festgelegt und befolgt ihn. So ist auch der vorliegende Band pünktlich veröffentlicht worden. Zola hatte sich ein Ziel gesetzt, dem er treu folgte.
Die Kritik zum vorliegenden Roman war nicht nur positiv. Er wurde angegriffen, angeprangert und allen möglichen und unmöglichen Verbrechen beschuldigt. Dabei versuchte Zola lediglich den totalen Zerfall einer Arbeiterfamilie aus den korrupten Vororten Paris zu schildern. Am Ende von Alkoholismus gibt es die Auflösung der familiären Bindungen, den Schmutz der Promiskuität, die Rückkehr des Vergessens ehrlicher Gefühle, die schlussendlich zur Schande und hin bis in den Tod führen. Es geht eigentlich nur um die gelebte Moral eines Individuums.
Der Roman erzählt die Geschichte der jungen Wäscherin und Büglerin Gervaise Macquart. Vom Lande kommt sie mit dem Vater ihrer beiden Söhne in ein Aussenviertel unterhalb des Montmartre von Paris. Die erste Unterkunft ist ein Zimmer in einem Hotel. Als Taglöhner verdienen sich die Erwachsenen das tägliche Leben und träumen vom Aufstieg in Paris. Ein ehrbares Leben wünschen sie sich, täglich etwas zu essen, ein eigenes Bett, um sich auszuruhen und nach 20 Jahren harter Arbeit zurück in die Natur, um in Frieden zu sterben.
Auch vor 150 Jahren kam es anders als erträumt. Der Vater der Kinder verliess Gervaise, sie lernte einen ehrbaren Zinkarbeiter kennen und der Auszug aus dem Hotel war garantiert. Ein Berufsunfall stiess den Ehemann nicht nur vom Dach, sondern auch in den Alkohol. Trotz den ersten Rückschlägen schaffte es Gervaise ihre eigene Büglerei aufzubauen, stellte Mitarbeiterinnen ein, verwöhnte sich mit gutem Essen und vergass dabei nie die Armen. Doch das verdiente Geld wurde von ihrem trunksüchtigen Ehemann und dessen Freunde schneller ausgegeben, als sie es verdienen konnte. Wäre da nicht ein stiller Verehrer und Geldgeber gewesen, wäre der unaufhaltsame Niedergang schon früher eingetreten. Wieder arm und von Familie und Freunden vergessen wurde sie selbst zur Trinkerin und versuchte ihr Glück als Strassendirne. Der Ehemann wurde verrückt und starb in der Heilanstalt. Sie folgte ihm später, zwar zu Hause, aber in nicht viel besserer Lage.
Die Geschichte war sicher nicht ein Einzelfall und nicht die erste in dieser Art in einem der Vororte von Paris. Der Zyklus von Geburt bis zum Tode hat sich auch in unserer modernen Zeit nicht gross geändert. Ersetzt der Leser die Substantive, die Lebensgewohnheiten und den Ort des Geschehens in seine Umwelt, wird er bald merken, dass sich nichts geändert, nichts verbessert hat. Nur die Todesursache ist eine andere geworden. Wer in diesem Rad der Zeit steckt, merkt es selber nicht und auch die Mitmenschen werden die wenigsten darauf aufmerksam und versuchen nicht nur Dritten zu helfen, sondern sich selber zu besinnen, was uns das Leben bringt.
Ich
wünsche einen restlichen erholsamen Sonntag und wie man früher
sagte, lesen sie bitte auch immer zwischen den Zeilen der heutigen Zeitung.