Drei in ihrer Zeit
Drei in ihrer Zeit und ich in der meinen
Albert
Camus (1913 - 1960), Jean-Paul Sartre (1905 - 1980) und Hermann
Hesse (1877 - 1962) lebten zur gleichen Zeit einer bereits etwas
früher, der andere starb als letzter. Die beiden Franzosen kannten
sich, liebten und hassten sich, wie sie sich eine Zeit lang auch
ergänzten und den Rest der Welt verabscheuten. Camus kam aus armen
Verhältnissen aus dem Norden Afrikas, aus Algier. Er wusste zu
leben, zu lieben und zu geben. Sartre verstand sein Leben und seinen
Wohlstand als selbstverständlich und suchte vielleicht daher die
Extreme. Hesse als Kind eines
streng
pietistischen
Missionars
lebte längere Zeit in Indien. Früh war ihm klar, er wollte Dichter
oder gar nichts werden.
Hesse
war auch ausserhalb seiner Romane ein Steppenwolf und ein Siddhartha,
so wie Camus ein Fremder war, der den glücklichen Tod oder doch das
Leben suchte. Ob sich Hesse und Camus persönlich kannten, steht
nirgends geschrieben. Ob sie sich gegenseitig lasen noch weniger.
Sicher ist, sie lebten zeitweise zur gleichen Zeit mit der gleichen
Weltgeschichte und setzten sich unabhängig voneinander und jeder in
seiner Position mit den gleichen Zeitproblemen auseinander.
Beide
liebten die Musse, die Frauen, die Bildende Kunst. Sie fanden
Abwechslung in der Darstellenden Kunst. Dabei spielt es keine Rolle,
ob Klassik oder Jazz, ob Theater oder Kino, wichtig war und ist das
Denken, das Handeln, das sich hinterfragen und mit Worten und Taten
darauf reagieren.
Und, wo stehe ich?
Durch ungewollte Einflüsse aus der Familie, durch simple Worte wie ich liebe dich nicht mehr, durch Trennung und Scheidung lernte ich umdenken und mich umlenken. Der Zeitpunkt mich wieder einmal neu zu erfinden, ist gekommen. Der Tod meiner geliebten Schwester und dem daraus resultierenden Bruch mit der Familie. Die Ferne zu den Kindern, wenn ein Teil auch in der Nähe, bedeutenden ein mich wieder finden. Ich fand mich in einer fremden Wohnung, bei einsamen Mahlzeiten, bei zu viel Einsamkeit, zu viel Wein und Tabakqualm. Gleichzeitig lehnte ich Treffen mit Kollegen ab, ich wollte alleine sein. Ich wollte mich aufraffen, die Heilung in der Gesundheit suchen. Ein Neuanfang für die Tage des letzten Drittels meines Lebens schaffen. Dazu musste ich mich selber finden. Finden zwischen Erinnerungen, Wut, Unverständnis, Einsamkeit, Büchern, leeren Flaschen und Zigarettenstummeln. Ich wusste, bevor ich mich nicht selber finde, gibt es keinen Platz für jemanden neben mir. Die Einsamkeit schmerzt und zehrt am Selbstvertrauen. Weder Herz, Seele noch Körper sind bereit, sich zu öffnen, zu geben und zu empfangen.
Ich wurde es müde nach Hause zu kommen, ein Haus, was nicht mein Heim bedeutet. Wo niemand auf mich wartet, niemand sich freut mich zu sehen. Keine Mutter, keine Schwester, keine liebende Frau, keine Kinder, ja nicht einmal eine Katze oder Hund, nicht einmal ein Goldfisch, der sich im Wasserglas dreht. Nur Bücher, lose Notizblätter, leere Flaschen und abgestandener kalter Zigarettenrauch empfingen mich.
Mit
der Zeit fand ich zurück zu mir und wurde mir meiner Laster und
Unfähigkeiten bewusst, die sich heimlich meiner zu erobern
versuchten. Durch meine eigene innere Stärke wusste ich, das ist die
letzte Zigarette, die ich rauche, das ist die letzte Flasche Wein,
die ich ohne Genuss leere. Ich fühlte mich wieder bereit zu leben!
Ich
weiss wieder, was ich will. Ich habe die Schwelle vom Wissen, was ich
nicht will nicht nur überwunden, sondern hinter mir gelassen. Ich
lebe wieder im Glück!
Ich
bin kein Kaufmann, kein Schutzmann, kein Touristiker, kein Gastwirt,
kein mir Fremder mehr. Ich bin Künstler und Denker in der
glücklichen Art und Weise. Das Leben ist kein Irrtum, sondern
bedeutet Glück, Lebensglück. Einmal diesen Punkt erreicht, öffnet
sich das Leben wie ein sich öffnender Staudamm, der dem
zurückgehaltenen Wasser endlich die Freiheit schenkt. Das zu lange
gestaute Wasser empfindet das Bewusstsein etwas nützliches zu tun,
fühlt wieder einen Sinn im Leben. Alles wird möglich, alles ist
möglich. Sogar mich zu verlieben.
Liebe kann nicht gefunden
werden, denn sie kann nicht gesucht werden. Ein Suchender findet
sie nimmer und nie. Die Liebe kann überall sein und nirgends. Sie
ist plötzlich da, lauert auf den Menschen, der bereit ist für das
höchste der Gefühle. Er spürt sie, nimmt sie in sich auf, saugt
sie in sein Herz und Geist und vereint sich im Körper, der Ewigkeit
und Gemeinsamkeit.