Brünig
Mit
den Schweizer Bahnen bin ich nun bereits mehrere Male von West nach
Ost gereist.
Einmal von Genf bis Schaffhausen, einmal über das
Wallis und Graubünden, ein andermal über das Emmental und Entlebuch
bis nach Luzern. Nun
fehlte noch die goldene Mitte von Interlaken über den Brünig Pass
in die Innerschweiz.
Ich hatte beruflich in Bern zu tun und wie immer löse ich für so eine Reise die Tageskarte der SBB, denn der Tag will irgendwie nützlich verbracht werden. Nach der Besprechung nehme ich den erst besten Zug Richtung Interlaken. Der Schnellzug bis nach Italien ist so voll, wie schon der Zug von Basel nach Bern war. So steige ich beim nächsten Halt, Thun, aus. Bei einem Spaziergang durch das nette Städtchen entdecke ich, dass die Buslinie 21 von Thun auf der rechten Seeseite bis nach Interlaken fährt. Kurzentschlossen warte ich auf den kommenden Bus und geniesse die Fahrt mit stetem Blick auf den Thunersee. Still liegt der See mit seinem glasklarem, leicht milchigen türkisfarbenen Wasser zwischen den Bergen. Rund herum ist es grün, nur grün, eine Wohltat für die Augen nach so vielen Tagen Mittelmeer. Vorbei am Schloss Oberhofen aus dem XIII. Jahrhundert, heute Museum der Berner Kultur, fahren wir weiter an kleineren Orten vorbei, welche direkt am Ufer liegen und mit ihrer Idylle mindestens ein Hotel für die Gäste aus dem In- und Ausland bieten. Die Seestrasse führt über Gunten und Meringen bis zur Beatenbucht. Umsteigen in die Seilbahn aufs Niederhorn oder zu den Beatus Höhlen. Ich fahre weiter bis Interlaken und da ändert sich das Strassenbild.
Barcelona jammert in den Zeitungen über die Flut der Touristen, aber in Orten wie Interlaken sieht es nicht besser aus. Vielleicht liegt der Unterschied darin, dass Interlaken für die Touristen ausgebaut wurde, Barcelona ist selber aber bereits eine Millionenstadt und somit ein Treffpunkt zu vieler Menschen auf engstem Raum. In Interlaken finden sich Touristen, deren Koffer grösser und schwerer sind als die zarten Asiatinnen selber. Verschleierte Frauen spazieren hinter dem Ehemann mit Kreditkarte. Der rücksichtsvolle und zuvorkommende Schweizer kommt unter die Kofferräder. Der Käse wird auch hier seit vielen Jahren nicht mehr zum Bahnhof gerollt. Wo einst Einheimische gemütlich die Stille der Berge genossen sind nun die internationalen Boutiquen vertreten. Schon der ruhige, im vollen Zug in vier Sprachen sprechende Zugbegleiter stellte sich auf die internationalen Touristen ein. Auch die zahlreichen Schulklassen stressten ihn nicht. In den Geschäften am Zielort asiatischer und arabischer Touristen hört man nicht weniger Sprachen. Umso mehr war ich über das Berndeutsch der Dame im Supermarkt überrascht.
Die Zentralbahnen verbinden Interlaken Ost mit Luzern mit einem als PE ausgeschriebenen Zug, Panorama Express. Aus Luzern traf die Bahn pünktlich und voll ein. Zurück ging es gemütlich, aber mit mir waren auch hier vor allem Touristen unterwegs. Die Panorama Wagen ermöglichen einen herrlichen Rundumblick auf Brienzersee und die Berge links und rechts der Strecke. In Meiringen nimmt die Bahn eine Spitzwende und kurz danach wird langsam auf Zahnrad umgestellt, um ohne Probleme vom Haslital auf den Brünig auf 1008 Höhenmeter. Wie viele Male war ich hier auf dem Brünig. Die eigenwillig gewellte Gegend war das beliebteste Wandergebiet meines Vaters und so manchen Sonntag oder sogar Wochenende verbrachten wir in dieser vom Aaregletscher geformten Gegend. Nun geht es runter nach Lungern im Kanton Obwalden. Herrliche Aussicht durch den Tannenwald auf den Lungernsee mit Blick bis nach Giswil. Über Sachseln und Sarnen, vorbei an Alpnach geht die Fahrt weiter bis nach Luzern. Die Bahn füllt sich mit Einheimischem. Die Zugbegleitung markiert bereits die vor reservierten Sitzplätze für die kommende Fahrt zurück nach Interlaken. Die Strecke scheint bei Touristen und Reisegruppen beliebt zu sein und ich muss gestehen, sie lohnt sich auch. Sicher kürzer und nicht so atemberaubend wie der Glacier Express, aber eine Alternative für manche Reisende.