Ausreise Spanien

06.12.2024

Wenn man mit der Fähre von Europa nach Afrika fährt, verbringt man die meiste Zeit mit Warten.
Als Mitteleuropäer meiner Generation sind wir es gewohnt, auch nach über 20 Jahren in südlichen Ländern pünktlich zu sein. Wenn es heisst, drei Stunden vor Abfahrt im Hafen zu sein, dann sind wir vier Stunden vorher da, wenn auch die ersten. Da hilft nicht einmal die jahrelange Erfahrung dagegen.

Der Hafen von Almería ist klein. Er ist unterteilt in den Fischereihafen auf der rechten Seite, den Handelshafen in der Mitte und den Fährhafen auf der linken Seite. Die Einfahrt ist für alle drei Häfen gleich. Es gibt keinen direkten Zugang zum Hauptgebäude des Fährhafens. Auch zu Fuss muss man durch den Haupteingang oder dann auf der linken Seite Richtung Stadt durch das Hafentor für Mitarbeiter gehen.

Von Almería aus fahren Fähren nach Melilla, nach Nador in Marokko und nach Oran und Ghazaouet, beide in Algerien. Je nach Saison werden die genannten Häfen bis zu mehrmals täglich angelaufen. In der Nebensaison fährt unsere Fähre am Freitagabend um 23.59 Uhr nach Ghazaouet. Die Überfahrt dauert
8 Stunden und 30 Minuten. Weitere Informationen und Tickets unter https://armastrasmediterranea.com
Wenn die notwendigen Tickets im Voraus gekauft wurden, müssen die Bordkarten am Schalter abgeholt werden. Hier sollte man sich auch nach dem Wartebereich für die Fähre erkundigen, da Hinweisschilder oder Mitarbeiter der Hafenbehörde schwer zu finden sind.
Im Hafengebäude gibt es eine Cafeteria, ein Restaurant, einen Supermarkt, Toiletten und Duschen. Letztere lassen an Sauberkeit zu wünschen übrig.

Aber die Stadt ist nah, sie reicht bis an den Hafen heran, und so kann man das Auto ruhig stehen lassen und zu Fuss in die nahe gelegene Alt- und Neustadt gehen. Grössere Supermärkte wie Mercadona und Consum befinden sich ebenfalls in der Nähe.
Ist die erste Wartezeit überstanden, öffnen sich die Schranken des Warteraums und man begibt sich zur spanischen Ausreisekontrolle. Zuerst kommt der Zoll, dann die Personenkontrolle. Als drittes werden die Tickets von einem Mitarbeiter der Fährgesellschaft kontrolliert und als viertes wird man von einem Mitarbeiter der Fähre eingewiesen, über welche Rampe man auf die Fähre gelangt. Dort wird man von weiteren Mitarbeitern zu seinem Parkplatz geleitet. Über eine Treppe oder einen Aufzug gelangt man zur Rezeption, wo man die Schlüssel für die Kabine erhält. Wer hier einen Hunderter sparen will, sucht sich einen ruhigen Sitzplatz oder legt sich wie viele Algerier auf den Boden. Das Restaurant an Bord ist geöffnet, die Bar bleibt bis zur Ankunft in Algerien in Betrieb.

Die Kabine ist geräumig, die Betten sind hart und vibrieren im Rhythmus der Schiffsmotoren. Dusche und Toilette sind sauber und eng. An tiefen Schlaf ist nicht zu denken, aber man ruht sich besser aus als auf einem der Sessel. Morgens, wenn man endlich in den Schlaf gefunden hat, wird man mit dem Ruf geweckt, noch eine Stunde bis zur Ankunft. Das Einlaufen in den Zielhafen ist immer etwas Aufregendes. Eine neue, fremde Welt oder die alte Heimat erwartet den Reisenden in der morgendlichen Frische. Aber auch die Einreiseprozedur wartet auf uns. Am besten nicht auf die Uhr schauen. Die Zeit wird erst wieder wichtig, wenn das Hafengelände verlassen werden kann.

Einreise Algerien

Wir sind mit unserem Peugeot J9 Camper auf dem Unterdeck zwischen zwei Lastwagen eingeklemmt. Ja, es gibt wieder Warenverkehr zwischen Spanien und Algerien. Wegen politischer Streitigkeiten waren die Grenzen monatelang für den Im- und Export geschlossen. Jetzt können die ersten Waren wieder eingeführt werden. Die restlichen Autos stehen alle im Zwischendeck. Als der erste LKW die Fähre verlässt und der für die Entladung zuständige Polizist den Peugeot sieht, erschrickt er im ersten Moment und weiss nichts Besseres, als mir das Stoppzeichen zu geben und den Autos aus dem Zwischendeck freie Fahrt auf festem Boden zu gewähren. Einer der Zöllner und der Polizist murmeln hinter vorgehaltener Hand. Sie diskutieren und wissen nicht, was sie mit uns machen sollen. Erst als der Fahrer des Lastwagens hinter uns nervös wird und um Ausfahrt bittet, werden auch wir in eine der Warteschlangen für die Einreise von Personen eingewiesen. Langsam schleichen wir uns an das Häuschen der Einreisebehörde heran. Den zuständigen Polizisten kenne ich schon von früheren Ein- und Ausreisen. Man begrüsst sich freundlich, übergibt die Pässe und wartet, bis alle Daten mit dem Einfingersystem in den Computer eingegeben sind. Dann werden auch die Fahrzeugdaten erfasst, denn ohne Auto lassen sie mich nicht mehr ausreisen.

Sind die nötigen Stempel im Pass, geht es ein paar Meter weiter und wieder heisst es warten, bis man in die Zollhalle gelassen wird. Zuerst wird kontrolliert, ob der Einreisestempel auch im Pass ist, dann darf man in die Halle in die nächste Warteschlange.
Man kann sich aber die Zeit vertreiben, indem man in der Schlange für die vorübergehende Einfuhr (TPD) von Fahrzeugen wartet. Hier werden noch einmal alle Daten des Fahrzeugs, des Fahrzeughalters und gegebenenfalls des Fahrers erfasst. Auch die Vornamen meiner längst verstorbenen Eltern sind hier wichtig und werden erfasst. Bevor ich meinen Reisepass, die Fahrzeugpapiere und die dreimonatige temporäre Einfuhrgenehmigung erhalte, möchte der Beamte auch noch einen Blick auf das Fahrzeug werfen, wobei weder Typenschild noch Motornummer mit den Papieren verglichen werden.

Endlich ist es soweit. Wir werden zum Zöllner gerufen, der den Inhalt der Autos kontrolliert. Zuerst den Pass, die Autopapiere und die Einreisegenehmigung abgeben. Dann ein paar Fragen nach Geld, Gold, Waffen und was man sonst noch so mit sich führt. Dann ein grosses Fragezeichen in seinem Gesicht, was nun? Er schaut ins Fahrzeug, entdeckt einen blauen Koffer, der muss durch den Scanner. In der Zwischenzeit kommt auch sein Vorgesetzter dazu, der ein paar Kisten aus dem Laderaum unter dem Bett ausräumen lässt. Kleidung, Werkzeug, nichts Interessantes. Jetzt kommt auch der örtliche Chef-Zollbeamte in Zivil dazu. Ihn interessiert vor allem, ob wir Schokolade dabei haben und wie viel. Ob das ganze Fahrzeug durch den Scanner muss, überlässt er seinem Untergebenen. Dieser meint aber, es sei besser den Peugeot durch den Scanner zu lassen, als einen Rüffel vom Chef zu bekommen.
Also fahren der Zollbeamte und ich mit dem Fahrzeug quer durch den Hafen zum Warenlager. Der Scanner für PKW, der direkt am Zollgebäude steht, ist defekt. Weiter hinten steht der Scanner für LKW und Container. Die LKW-Fahrer sind so nett und lassen uns vor. Der Zöllner, der für den Scanner zuständig ist, schaut sich erst einmal das Innere des Fahrzeugs an, um zu wissen, wo sich die elektronischen Geräte befinden, die beim Scannen sicher angezeigt werden. Der Scanvorgang ist langsam, das Ergebnis negativ. Es wird noch nach alkoholischen Getränken gefragt, dann bekomme ich auch den Stempel dieser Abteilung. Zurück im Zollgebäude darf ich meine sieben Sachen wieder im Fahrzeug verstauen. Alle wünschen uns eine gute Fahrt und mit einem weiteren Markhaba verlassen wir die Halle.
Nein, halt, stopp! Da sitzt unser erster Polizist und kontrolliert unsere Pässen, ob er auch alles richtig abgestempelt hat. Da traut einer seiner eigenen Arbeit nicht.

Doch bevor wir das Zollgelände verlassen dürfen, brauchen wir noch die obligatorische algerische Haftpflichtversicherung. 2.150 Dinar pro Monat werden fällig. Die Police ist schnell von Hand geschrieben und an die entsprechende Genehmigung geheftet. Nach rund 6 Stunden verlassen wir den Hafen, wir sind nun endlich in Algerien.