Ausreise Spanien
Wenn
man mit der Fähre von Europa nach Afrika fährt, verbringt man die
meiste Zeit mit Warten.
Als Mitteleuropäer meiner Generation sind
wir es gewohnt, auch nach über 20 Jahren in südlichen Ländern
pünktlich zu sein. Wenn es heisst, drei Stunden vor Abfahrt im Hafen
zu sein, dann sind wir vier Stunden vorher da, wenn auch die ersten.
Da hilft nicht einmal die jahrelange Erfahrung dagegen.
Der Hafen von Almería ist klein. Er ist unterteilt in den Fischereihafen auf der rechten Seite, den Handelshafen in der Mitte und den Fährhafen auf der linken Seite. Die Einfahrt ist für alle drei Häfen gleich. Es gibt keinen direkten Zugang zum Hauptgebäude des Fährhafens. Auch zu Fuss muss man durch den Haupteingang oder dann auf der linken Seite Richtung Stadt durch das Hafentor für Mitarbeiter gehen.
Von
Almería aus fahren Fähren nach Melilla, nach Nador in Marokko und
nach Oran und Ghazaouet, beide in Algerien. Je nach Saison werden die
genannten Häfen bis zu mehrmals täglich angelaufen. In der
Nebensaison fährt unsere Fähre am Freitagabend um 23.59 Uhr nach
Ghazaouet. Die Überfahrt dauert
8 Stunden und 30 Minuten. Weitere
Informationen und Tickets unter https://armastrasmediterranea.com
Wenn
die notwendigen Tickets im Voraus gekauft wurden, müssen die
Bordkarten am Schalter abgeholt werden. Hier sollte man sich auch
nach dem Wartebereich für die Fähre erkundigen, da Hinweisschilder
oder Mitarbeiter der Hafenbehörde schwer zu finden sind.
Im
Hafengebäude gibt es eine Cafeteria, ein Restaurant, einen
Supermarkt, Toiletten und Duschen. Letztere lassen an Sauberkeit zu
wünschen übrig.
Aber
die Stadt ist nah, sie reicht bis an den Hafen heran, und so kann man
das Auto ruhig stehen lassen und zu Fuss in die nahe gelegene Alt-
und Neustadt gehen. Grössere Supermärkte wie Mercadona und Consum
befinden sich ebenfalls in der Nähe.
Ist
die erste Wartezeit überstanden, öffnen sich die Schranken des
Warteraums und man begibt sich zur spanischen Ausreisekontrolle.
Zuerst kommt der Zoll, dann die Personenkontrolle. Als drittes werden
die Tickets von einem Mitarbeiter der Fährgesellschaft kontrolliert
und als viertes wird man von einem Mitarbeiter der Fähre
eingewiesen, über welche Rampe man auf die Fähre gelangt. Dort wird
man von weiteren Mitarbeitern zu seinem Parkplatz geleitet. Über
eine Treppe oder einen Aufzug gelangt man zur Rezeption, wo man die
Schlüssel für die Kabine erhält. Wer hier einen Hunderter sparen
will, sucht sich einen ruhigen Sitzplatz oder legt sich wie viele
Algerier auf den Boden. Das Restaurant an Bord ist geöffnet, die Bar
bleibt bis zur Ankunft in Algerien in Betrieb.
Die Kabine ist geräumig, die Betten sind hart und vibrieren im Rhythmus der Schiffsmotoren. Dusche und Toilette sind sauber und eng. An tiefen Schlaf ist nicht zu denken, aber man ruht sich besser aus als auf einem der Sessel. Morgens, wenn man endlich in den Schlaf gefunden hat, wird man mit dem Ruf geweckt, noch eine Stunde bis zur Ankunft. Das Einlaufen in den Zielhafen ist immer etwas Aufregendes. Eine neue, fremde Welt oder die alte Heimat erwartet den Reisenden in der morgendlichen Frische. Aber auch die Einreiseprozedur wartet auf uns. Am besten nicht auf die Uhr schauen. Die Zeit wird erst wieder wichtig, wenn das Hafengelände verlassen werden kann.
Einreise Algerien
Wir sind mit unserem Peugeot J9 Camper auf dem Unterdeck zwischen zwei Lastwagen eingeklemmt. Ja, es gibt wieder Warenverkehr zwischen Spanien und Algerien. Wegen politischer Streitigkeiten waren die Grenzen monatelang für den Im- und Export geschlossen. Jetzt können die ersten Waren wieder eingeführt werden. Die restlichen Autos stehen alle im Zwischendeck. Als der erste LKW die Fähre verlässt und der für die Entladung zuständige Polizist den Peugeot sieht, erschrickt er im ersten Moment und weiss nichts Besseres, als mir das Stoppzeichen zu geben und den Autos aus dem Zwischendeck freie Fahrt auf festem Boden zu gewähren. Einer der Zöllner und der Polizist murmeln hinter vorgehaltener Hand. Sie diskutieren und wissen nicht, was sie mit uns machen sollen. Erst als der Fahrer des Lastwagens hinter uns nervös wird und um Ausfahrt bittet, werden auch wir in eine der Warteschlangen für die Einreise von Personen eingewiesen. Langsam schleichen wir uns an das Häuschen der Einreisebehörde heran. Den zuständigen Polizisten kenne ich schon von früheren Ein- und Ausreisen. Man begrüsst sich freundlich, übergibt die Pässe und wartet, bis alle Daten mit dem Einfingersystem in den Computer eingegeben sind. Dann werden auch die Fahrzeugdaten erfasst, denn ohne Auto lassen sie mich nicht mehr ausreisen.
Sind die nötigen
Stempel im Pass, geht es ein paar Meter weiter und wieder heisst es
warten, bis man in die Zollhalle gelassen wird. Zuerst wird
kontrolliert, ob der Einreisestempel auch im Pass ist, dann darf man
in die Halle in die nächste Warteschlange.
Man kann sich aber die
Zeit vertreiben, indem man in der Schlange für die vorübergehende
Einfuhr (TPD) von Fahrzeugen wartet. Hier werden noch einmal alle Daten des
Fahrzeugs, des Fahrzeughalters und gegebenenfalls des Fahrers
erfasst. Auch die Vornamen meiner längst verstorbenen Eltern sind
hier wichtig und werden erfasst. Bevor ich meinen Reisepass, die
Fahrzeugpapiere und die dreimonatige temporäre Einfuhrgenehmigung
erhalte, möchte der Beamte auch noch einen Blick auf das Fahrzeug
werfen, wobei weder Typenschild noch Motornummer mit den Papieren
verglichen werden.
Endlich
ist es soweit. Wir werden zum Zöllner gerufen, der den Inhalt der
Autos kontrolliert. Zuerst den Pass, die Autopapiere und die
Einreisegenehmigung abgeben. Dann ein paar Fragen nach Geld, Gold,
Waffen und was man sonst noch so mit sich führt. Dann ein grosses
Fragezeichen in seinem Gesicht, was nun? Er schaut ins Fahrzeug,
entdeckt einen blauen Koffer, der muss durch den Scanner. In der
Zwischenzeit kommt auch sein Vorgesetzter dazu, der ein paar Kisten
aus dem Laderaum unter dem Bett ausräumen lässt. Kleidung,
Werkzeug, nichts Interessantes. Jetzt kommt auch der örtliche
Chef-Zollbeamte in Zivil dazu. Ihn interessiert vor allem, ob wir
Schokolade dabei haben und wie viel. Ob das ganze Fahrzeug durch den
Scanner muss, überlässt er seinem Untergebenen. Dieser meint aber,
es sei besser den Peugeot durch den Scanner zu lassen, als einen
Rüffel vom Chef zu bekommen.
Also
fahren der Zollbeamte und ich mit dem Fahrzeug quer durch den Hafen
zum Warenlager. Der Scanner für PKW, der direkt am Zollgebäude
steht, ist defekt. Weiter hinten steht der Scanner für LKW und
Container. Die LKW-Fahrer sind so nett und lassen uns vor. Der
Zöllner, der für den Scanner zuständig ist, schaut sich erst
einmal das Innere des Fahrzeugs an, um zu wissen, wo sich die
elektronischen Geräte befinden, die beim Scannen sicher angezeigt
werden. Der Scanvorgang ist langsam, das Ergebnis negativ. Es wird
noch nach alkoholischen Getränken gefragt, dann bekomme ich auch den
Stempel dieser Abteilung. Zurück im Zollgebäude darf ich meine
sieben Sachen wieder im Fahrzeug verstauen. Alle wünschen uns eine
gute Fahrt und mit einem weiteren Markhaba verlassen wir die Halle.
Nein,
halt, stopp! Da sitzt unser erster Polizist und kontrolliert unsere
Pässen, ob er auch alles richtig abgestempelt hat. Da traut einer
seiner eigenen Arbeit nicht.
Doch bevor wir das Zollgelände verlassen dürfen, brauchen wir noch die obligatorische algerische Haftpflichtversicherung. 2.150 Dinar pro Monat werden fällig. Die Police ist schnell von Hand geschrieben und an die entsprechende Genehmigung geheftet. Nach rund 6 Stunden verlassen wir den Hafen, wir sind nun endlich in Algerien.