Amir Timur Lenk
Hinter dem Siab Basar erheben sich die blaue Kuppel der Bibi Khanum Moschee, einer der grössten Moscheen seiner Zeit. Sie ist nach der Lieblingsfrau von Amir Timur Lenk benannt. Keine andere Person hat vor oder nach ihm die Stadt Samarkand so nachhaltig geprägt wie er. Der nordeuropäische Beiname Lenk und andere Varianten wie Tamerlan und Tamerlanes sind Varianten des persischen Beinamens Timur-i Lang, was Timur der Lahme bedeutet. Timur sei als junger Mann vom Pferd gestürzt und sich dabei so verletzt haben, dass er leicht hinkte. Die Verletzung der Hüfte sollte ihn aber nicht daran hindern, einer der grössten Heerführer zu werden, den die Welt je gesehen hat.
Timur
wurde im Jahre 1336 in einer Türkisch sprechenden Familie im
heutigen Süd-Usbekistan in Shaxrisabz, also hundert Jahre nach
Dschingis Khans Tod. Zu dieser Zeit war das Mongolenreich bereits von
den Nachkommen Dschingis Khans aufgeteilt worden und lösten sich an
vielen Stellen bereits auf. Als dann noch die Pest, Tod und Verderben
verbreitete, waren die Tage des grossen asiatischen Reiches gezählt.
Timur träumte davon, Dschingis Khans Reich wieder aufzubauen. Bevor
er 35 Jahre alt war, hatte er bereits Samarkand und einen grossen
Teil Zentralasiens erobert. Die kommenden 35 Jahre nutzte er, Teile
der heutigen Türkei und Pakistans, des Kaukasus und des Nahen Ostens
zu unterwerfen. Seine Truppen plünderten und zerstörten Städte wie
Damaskus, Bagdad, Aleppo, Delhi und Ankara.
Dank der Siege der
Truppen Timurs über die Osmanen galt er in Europa als Held. Timur
Lenk war mindestens so brutal als sein Vorbild Dschingis Khan.
Geschichtsschreiber schätzen, dass seine Heere siebzehn Millionen
Menschen getötet haben könnten.
Im Gegensatz aber zu Dschingis
Khan, der Zentralasien verwüstet hinterliess, baute Timur mehrere
Städte an der Seidenstrasse in ihren ehemaligen Pracht wieder auf
und erweiterte sie. Während der Feldzüge im Kaukasus, dem Nahen
Osten und Indien liess er gezielt tüchtige Handwerker und weitere
Fachleute am Leben und schickte sie nach Samarkand, wo sie
ambitionierte Bauwerke erstellen liess. Timur selber war Bauherr und
Architekt vieler der heute noch zu besichtigenden Gebäuden. Timurs
geschaffene Gebäude sind alle gross angelegt und reich verziert. Da
die Handwerker aus verschiedensten Gegenden kamen, wurden die Bauten
auch durch unterschiedlichste Baustile beeinflusst.
Eine
Sage erzählt, dass die Bibi Khanum Moschee nicht durch ihn errichtet
wurde, sondern während seiner Abwesenheit von seiner Lieblingsfrau.
Diese hätte während fünf Jahren die Moschee errichten lassen.
Dabei gab es ein kleines Problem, der Bauführer verliebte sich in
sie, was den Bau der Moschee verzögerte. Die Frau Timur versuchte
den Bauführer zur Vernunft zu bringen, zeigte ihm einen grünen und
einen roten Apfel und erklärte ihm: "Diese beiden Äpfel sind
äusserlich unterschiedlich. Doch ihr Geschmack gleicht sich. Bitte
suche Dir eine Frau an deine Seite, welche dir guttut." Der
Bauführer erwiderte mit zwei Gläsern in der Hand: "Beide Gläser
sind mit einer durchsichtigen Flüssigkeit gefüllt. Das eine enthält
Wasser, was meinen Durst stillt. Das andere aber Wein, der nicht nur
meinen Durst stillt, sondern auch in meinem Herzen und meiner Seele
brennt."
Um
den Bau der Moschee voranzutreiben, denn Botschafter hatten das Nahen
von Timur angekündigt, liess sie zu, dass der Bauleiter sie
wenigstens auf die Backe küssen dürfe. Bevor der Kuss auf ihre
Backe kam, hielt sie blitzschnell die Hand davor, womit der Kuss die
Handfläche traf. Der Kuss des jungen Mannes war aber so intensiv und
so voller Liebe, dass er durch die Hand durch ein Merkmal auf der
Backe der Frau hinterliess. Dieser Brandfleck konnte die Frau nicht
vor Timur verstecken. Er liess den Bauführer töten und erliess das
Gesetz, dass sich ab sofort alle Frauen in Samarkand vor den
lüsternen Blicken der Männer verschleiern sollen.
Timur Lenk starb im Jahre 1405 als 69-jähriger eines natürlichen Todes auf der Höhe seiner Macht in Otrar im heutigen Kasastan. Zum Zeitpunkt seines Todes war er auf dem Weg nach China, um die Ming-Dynastie zu unterwerfen. Timurs Leiche wurde nach Samarkand zurückgebracht. Seine sterblichen Überreste liegen im imposanten Gur Emir Mausoleum in einem Sarg aus grüner Jade.