Alto Douro
Heute war es windig. Somit die Temperatur angenehm. Plötzlich taucht ein Wasserflugzeug, dann noch eines und ein drittes auf. Ich habe gar nicht bemerkt, dass rund 50 Kilometer von hier eine riesige Rauchfahne sich entwickelt. Waldbrand und die Flugzeuge tanken im Stausee Wasser in ihre Tanks. Unermüdlich fliegen sie dicht hintereinander Richtung Feuer und lassen das löschende Nass fallen. Fliegen zurück zum Stausee, füllen ihre Tanks im Sturzflug und heben wieder knapp über meinem Kopf ab zum nächsten Einsatz. So geht es Stunden und mit der Zeit kann ich beobachten, wie der Rauchschleier kleiner wird.
Ich
bin noch einige Fahrstunden vom nächsten Ziel, dem Douro Fluss
entfernt. So verschiebe ich meine Weiterfahrt vor und fahre wie
gewohnt über Nebenstrassen. Das Landschaftsbild ändert sich nicht.
Es bleibt eintönig und der Weg ist gesäumt von Eichen, einigen
Obstplantagen und Weiden. Vor mir auf der linken Seite eine neue
Rauchfahne. Die entgegenkommenden Fahrzeuge geben mir Lichtzeichen.
Ist wohl die Strasse gesperrt? Ich fahre weiter bis zur
Strassensperrung. Mein erster Kontakt mit der portugiesischen
Polizei. Ich werde umgeleitet, der direkte Weg nach Guarda ist wegen
des Feuers gesperrt. So eine Umleitung auf noch kleinere
Nebenstrassen bringen mich in herrliche, aus rohem Stein gebaute
Dörfer. Die Abgrenzungen der Weiden sind ebenfalls aus Stein. Da hat
sich mal einer Mühe gemacht oder früher spielte die Zeit keine
Rolle und wurde nicht mit Geld aufgewogen.
So kam ich dann nach
Guarda. Wieder so eine grössere Stadt, die ich nicht liebe. Doch
hier gibt es gleich bei der Umfahrungsstrasse ein paar Fachgeschäfte,
die ich besuche, denn ein paar kleine Dinger für den Peugeot J9
fehlen. Es gäbe auch einen Supermarkt, aber ich habe mir
vorgenommen, wieder einmal in einem Restaurant ein gutes und grosses
Stück Fleisch zu essen. Nur einmal raus aus der Stadt, in den
kleinen Vororten wird sich schon was finden. Falsch gedacht, denn was
ich fand, war entweder geschlossen oder es gab kein Essen, nur
Getränke. Beim zweiten Versuch trank ich zwei Glas Rotwein zu je 50
Cents und ass dazu eine Tüte Chips. Auf dem Dorfplatz war die Jugend
versammelt, die älteren Generationen sassen auf der Treppe zur
Kirche. Ich fuhr weiter und sah im nächsten Dorf Licht in einer
Kneipe. Aber wieder kein Essen. Die älteren Besitzer sassen alleine
auf der Terrasse und ich trank ein Glas Wein mit ihnen. Wir kamen ins
Gespräch oder besser gesagt, ich wurde ausgefragt. Da kam eine
Nachbarin, la Suiza, eine ältere Dame, die vor Jahrzehnten
ausgewandert ist und in Fribourg lebt. Im Sommer kehrt sie für ein
paar Wochen ins Heimatdorf zurück, welches sie in der Schweiz
vermisst. Aber wenn sie hier ist vermisst, sie ihre Kinder und Enkel,
welche alle in der Schweiz leben. So ist es ein ewiges hin und her.
Hier in Portugal den Frieden geniessen und die tiefen Preise
schätzen. In der Schweiz das Gesundheitssystem nutzen und mit der
Familie sein.
Es ist Mitternacht und ich frage, ob ich vor der
Kneipe im Auto schlafen könne, was selbstverständlich erlaubt wird.
Morgen ab 6.30 Uhr gibt es Kaffee!
Diese Nacht war es frisch und
ich suchte die zweite Decke. Pünktlich hörte ich das Öffnen der
Tore zum Café und da ich sowieso auf die Toilette musste, bestellte
ich meinen Kaffee. Dazu bekam ich etwas Süsses und dies alles für
einen Euro.
Über dem Dorf lag Nebel. Ich musste mir einen Pullover mit langen Ärmeln und lange Hosen anziehen. Durch Nebel fuhr ich weiter die Hügel hoch und runter. Es wurde immer grüner, die Landschaft änderte sich von öde zu Leben. Ich bin in Trevoes, in der Region Douro Alta. Vor ein paar Tagen wurde mit der Weinlese angefangen. Der Duft nach Mosto liegt in der Luft. Ausser den Weinbergen an allen Hängen, ob Süd- oder Nordlage gibt es Olivenbäume, Kastanien, es wachsen Brombeeren und Wacholder. Grün, so weit das Auge reicht. Die Strasse schlängelt sich durch die Weinberge und durch kleine Dörfer. Überall emsiges treiben, vom Lieferwagen werden die Trauben auf Lastwagen geladen und in die Bodegas geführt.
Und, endlich, nach dem erklimmen des nächsten Hügels liegt der Douro vor mir. Der Duero ist der drittlängste Fluss der iberischen Halbinsel und entspringt in der spanischen Provinz Soria, durchfliesst Nordspanien und Nordportugal und mündet bei Porto in den Atlantik. Er ist etwa 900 Kilometer lang. Von der spanisch-portugiesischen Grenze bis Mesao Frio wo ich hoch über dem Douro stehe und schreibe liegt die Weinregion Alto Douro, das Anbaugebiet des Portweins. In früheren Zeiten wurden die Fässer von Regua auf Booten bis in die Kellerei in Porto verschifft. Neben dem Portwein sind hier auch die Rotweine von grosser Bedeutung.
Ich mache einen Zwischenhalt in Pinhao mit seinem mit Kacheln verzierten Bahnhof. In Regua fahre ich in ein Wohnviertel und geniesse einen Eintopf mit Bacalao, Weisskraut und Kartoffeln an einer Olivenöl Sosse. Jedem Gast wird unaufgefordert eine Flasche Wein und Wasser aufgetischt. Dies alles inklusive Nachtisch für 15 €. Es lohnt sich immer, nicht dort zu verweilen, wo die Touristen sind. Erstens sind dort die Preise höher, die Qualität schlechter und man hört mehr Englisch als Portugiesisch. Eigentlich suche ich einen Standplatz für die kommenden zwei Tage am Fluss, aber die Strasse führt in die Höhe. Am Waldrand finde ich einen schattigen Platz mit herrlicher Aussicht auf das Tal mit dem Richtung Atlantik fliessenden Douro. Auf der rechten Seite des Flusses die Bahnlinie, irgendwo hinter der nächsten Krümmung ein Dorffest mit Feuerwerk. Auch heute Nacht bin ich froh um die zweite Decke. Tagsüber geniesse ich die Temperaturen um 25° und lebe.