Alto Douro

27.08.2023

Heute war es windig. Somit die Temperatur angenehm. Plötzlich taucht ein Wasserflugzeug, dann noch eines und ein drittes auf. Ich habe gar nicht bemerkt, dass rund 50 Kilometer von hier eine riesige Rauchfahne sich entwickelt. Waldbrand und die Flugzeuge tanken im Stausee Wasser in ihre Tanks. Unermüdlich fliegen sie dicht hintereinander Richtung Feuer und lassen das löschende Nass fallen. Fliegen zurück zum Stausee, füllen ihre Tanks im Sturzflug und heben wieder knapp über meinem Kopf ab zum nächsten Einsatz. So geht es Stunden und mit der Zeit kann ich beobachten, wie der Rauchschleier kleiner wird.

Ich bin noch einige Fahrstunden vom nächsten Ziel, dem Douro Fluss entfernt. So verschiebe ich meine Weiterfahrt vor und fahre wie gewohnt über Nebenstrassen. Das Landschaftsbild ändert sich nicht. Es bleibt eintönig und der Weg ist gesäumt von Eichen, einigen Obstplantagen und Weiden. Vor mir auf der linken Seite eine neue Rauchfahne. Die entgegenkommenden Fahrzeuge geben mir Lichtzeichen. Ist wohl die Strasse gesperrt? Ich fahre weiter bis zur Strassensperrung. Mein erster Kontakt mit der portugiesischen Polizei. Ich werde umgeleitet, der direkte Weg nach Guarda ist wegen des Feuers gesperrt. So eine Umleitung auf noch kleinere Nebenstrassen bringen mich in herrliche, aus rohem Stein gebaute Dörfer. Die Abgrenzungen der Weiden sind ebenfalls aus Stein. Da hat sich mal einer Mühe gemacht oder früher spielte die Zeit keine Rolle und wurde nicht mit Geld aufgewogen.
So kam ich dann nach Guarda. Wieder so eine grössere Stadt, die ich nicht liebe. Doch hier gibt es gleich bei der Umfahrungsstrasse ein paar Fachgeschäfte, die ich besuche, denn ein paar kleine Dinger für den Peugeot J9 fehlen. Es gäbe auch einen Supermarkt, aber ich habe mir vorgenommen, wieder einmal in einem Restaurant ein gutes und grosses Stück Fleisch zu essen. Nur einmal raus aus der Stadt, in den kleinen Vororten wird sich schon was finden. Falsch gedacht, denn was ich fand, war entweder geschlossen oder es gab kein Essen, nur Getränke. Beim zweiten Versuch trank ich zwei Glas Rotwein zu je 50 Cents und ass dazu eine Tüte Chips. Auf dem Dorfplatz war die Jugend versammelt, die älteren Generationen sassen auf der Treppe zur Kirche. Ich fuhr weiter und sah im nächsten Dorf Licht in einer Kneipe. Aber wieder kein Essen. Die älteren Besitzer sassen alleine auf der Terrasse und ich trank ein Glas Wein mit ihnen. Wir kamen ins Gespräch oder besser gesagt, ich wurde ausgefragt. Da kam eine Nachbarin, la Suiza, eine ältere Dame, die vor Jahrzehnten ausgewandert ist und in Fribourg lebt. Im Sommer kehrt sie für ein paar Wochen ins Heimatdorf zurück, welches sie in der Schweiz vermisst. Aber wenn sie hier ist vermisst, sie ihre Kinder und Enkel, welche alle in der Schweiz leben. So ist es ein ewiges hin und her. Hier in Portugal den Frieden geniessen und die tiefen Preise schätzen. In der Schweiz das Gesundheitssystem nutzen und mit der Familie sein.
Es ist Mitternacht und ich frage, ob ich vor der Kneipe im Auto schlafen könne, was selbstverständlich erlaubt wird. Morgen ab 6.30 Uhr gibt es Kaffee!
Diese Nacht war es frisch und ich suchte die zweite Decke. Pünktlich hörte ich das Öffnen der Tore zum Café und da ich sowieso auf die Toilette musste, bestellte ich meinen Kaffee. Dazu bekam ich etwas Süsses und dies alles für einen Euro.

Über dem Dorf lag Nebel. Ich musste mir einen Pullover mit langen Ärmeln und lange Hosen anziehen. Durch Nebel fuhr ich weiter die Hügel hoch und runter. Es wurde immer grüner, die Landschaft änderte sich von öde zu Leben. Ich bin in Trevoes, in der Region Douro Alta. Vor ein paar Tagen wurde mit der Weinlese angefangen. Der Duft nach Mosto liegt in der Luft. Ausser den Weinbergen an allen Hängen, ob Süd- oder Nordlage gibt es Olivenbäume, Kastanien, es wachsen Brombeeren und Wacholder. Grün, so weit das Auge reicht. Die Strasse schlängelt sich durch die Weinberge und durch kleine Dörfer. Überall emsiges treiben, vom Lieferwagen werden die Trauben auf Lastwagen geladen und in die Bodegas geführt.

Und, endlich, nach dem erklimmen des nächsten Hügels liegt der Douro vor mir. Der Duero ist der drittlängste Fluss der iberischen Halbinsel und entspringt in der spanischen Provinz Soria, durchfliesst Nordspanien und Nordportugal und mündet bei Porto in den Atlantik. Er ist etwa 900 Kilometer lang. Von der spanisch-portugiesischen Grenze bis Mesao Frio wo ich hoch über dem Douro stehe und schreibe liegt die Weinregion Alto Douro, das Anbaugebiet des Portweins. In früheren Zeiten wurden die Fässer von Regua auf Booten bis in die Kellerei in Porto verschifft. Neben dem Portwein sind hier auch die Rotweine von grosser Bedeutung.

Ich mache einen Zwischenhalt in Pinhao mit seinem mit Kacheln verzierten Bahnhof. In Regua fahre ich in ein Wohnviertel und geniesse einen Eintopf mit Bacalao, Weisskraut und Kartoffeln an einer Olivenöl Sosse. Jedem Gast wird unaufgefordert eine Flasche Wein und Wasser aufgetischt. Dies alles inklusive Nachtisch für 15 €. Es lohnt sich immer, nicht dort zu verweilen, wo die Touristen sind. Erstens sind dort die Preise höher, die Qualität schlechter und man hört mehr Englisch als Portugiesisch. Eigentlich suche ich einen Standplatz für die kommenden zwei Tage am Fluss, aber die Strasse führt in die Höhe. Am Waldrand finde ich einen schattigen Platz mit herrlicher Aussicht auf das Tal mit dem Richtung Atlantik fliessenden Douro. Auf der rechten Seite des Flusses die Bahnlinie, irgendwo hinter der nächsten Krümmung ein Dorffest mit Feuerwerk. Auch heute Nacht bin ich froh um die zweite Decke. Tagsüber geniesse ich die Temperaturen um 25° und lebe.